3 Situationen, in denen du Slowplay mit deinen starken Blättern in Erwägung ziehen solltest
Es gibt nicht viel, was mehr Spaß macht, als mit einem sehr starken Blatt einen Raise gegen einen anderen Spieler zu spielen.
Doch manchmal kannst du mehr gewinnen, wenn du weniger machst.
In diesem Artikel schauen wir uns drei Situationen an, in denen du es mit deinen starken Blättern in Erwägung ziehen solltest, es langsam anzugehen (Slowplay genannt), statt damit zu raisen.
Was meinen wir mit „Slowplay“?
Pokerterminologie ist voller Fachbegriffe, die verwirrend sein können, wenn man damit nicht vertraut ist, doch in diesem Fall gibt es keinen komplizierten Jargon.
Slowplay bedeutet genau das: Du gehst mit deinem Blatt langsam vor.
Anders gesagt: Statt mit einem sehr starken Blatt eine 3-Bet zu setzen, callst du einfach nur einen Raise. Oder statt zu setzen, wenn dein Gegenspieler checkt, checkst du hinterher.
Damit verbirgst du die Stärke deines Blatts und gibst deinen Gegnern die Möglichkeit, weitere Einsätze zu setzen, ob sie nun ein gutes Blatt haben oder nicht.
Ein berühmtes Beispiel für Slowplay ist die letzte Hand des Main Events der World Series of Poker (WSOP) 1988, als Johnny Chan seinen Kontrahenten Erik Seidel im Heads-up in eine Falle laufen ließ (die Hand wurde im Film Rounders im Jahr 1998 verewigt).
Chan floppte die Nut Straight mit J♣ 9♣ auf dem Board Q♣ 8♦ 10♥ 2♠ und entschied sich, auf dem Turn hinterher zu checken, nachdem Seidel seinerseits gecheckt hatte. Dieser Zug brachte Seidel dazu, auf dem River 6♦ All-in zu gehen mit Q♣ 7♥ und somit mit Top Pair: Das war Musik in Chans Ohren. Er callte und gewann das WSOP Main Event das zweite Jahr in Folge.
Dieses Slowplay lief definitiv gut für Chan, doch welche drei Situationen kommen häufig vor in Pokerturnieren, in denen du selbst Slowplay mit deinen starken Blättern in Erwägung ziehen solltest?
Schauen wir uns diese einmal an.
Ein sehr aggressiver Gegenspieler
Wenn du es in Position mit einem Gegner zu tun hast, der eine Tendenz gezeigt hat, viele Chips in den Pot zu tun, dann solltest du in bestimmten Situationen vielleicht Slowplay mit einem starken Blatt in Betracht ziehen.
Das mag sich kontraintuitiv anfühlen. Du fragst dich vielleicht: Wenn der Gegner aggressiv ist und keine Scheu vor großer Action mit großen Pots hat, sollten wir den Pot dann nicht besser durch Raisen in die Höhe treiben?
Absolut, aber wir können nicht davon ausgehen, dass er ein Blatt hat, mit dem er weiterspielen kann. Er könnte auf unseren Raise hin folden, was ein Desaster wäre, wenn wir ein starkes Blatt haben
Wir erhöhen zwar nicht die Menge an Chips, die er in den Pot legen muss, doch gewinnen wir vielleicht auf lange Sicht mehr, wenn wir seine Einsätze callen, wofür wir ihm auf dem Turn und dem River die Möglichkeit bieten.
Wenn du auf dem River immer noch meinst, das beste Blatt zu haben, so ist dann die Zeit gekommen, um zu raisen.
Nicht jede Hand wird bis hin zu einem All-in eskalieren, auch wenn uns das mit unserem starken Blatt am liebsten wäre.
Nimm dir stattdessen vor, in jeder Hand so viele Chips zu gewinnen, wie möglich ist. Manchmal ist dies nur ein kleiner Betrag, doch das ist besser als nichts.
All-In-Stacks in Progressive Knockout-Turnieren
Eine weitere Situation, in der du Slowplay mit einem starken Blatt erwägen solltest, ist, wenn es in Progressive Knockout-Turnieren (PKOs) eine Menge potenzieller All-in-Stacks am Tisch gibt (Stacks von 20 Big Blinds oder weniger, mit denen Spieler eher zu All-ins neigen, wenn sie in einen Pot einsteigen).
Nehmen wir einmal an, der Spieler Under the Gun eröffnet den Pot und du bist in mittlerer Position mit Pocket-Damen, -Königen oder -Assen auf der Hand. Die Spieler in den Positionen Cutoff, Button, Small Blind und Big Blind haben alle Short Stacks und eine Bounty auf ihrem Kopf.
In dieser Situation verspürst du vielleicht mit jeder Faser deines Seins den Wunsch zu raisen, um den Pot in die Höhe zu treiben. Doch könnte ein Call tatsächlich die bessere Option sein. Auf diese Art täuschst du Schwäche vor und machst es für die Short-Stack-Spieler attraktiver, All-in zu gehen mit der Absicht, den Pot gleich hier und jetzt zu gewinnen. Wenn du in einem solchen Spot einen All-in als Squeeze Play spielst, ist deine einzige Sorge für gewöhnlich, ob du von dem ersten Raiser gecallt wirst. Wenn er foldet, wird der Caller in der Mehrzahl der Fälle auch folden.
Nehmen wir nun an, einer der Short-Stack-Spieler geht tatsächlich All-in und danach wird bis zum ersten Raiser hin gefoldet. Abhängig von seiner Stackgröße wird er dies vielleicht für eine sehr gute Situation halten, um mit seinem größeren Stack ebenfalls All-in zu gehen (over the top All-in), um diesen All-in-Spieler zu isolieren. Du hast in dem Fall einen leichten Call.
Indem du den ersten Open Raise nur callst, gibt es das Potenzial für jede Menge Action, während du dich zurücklehnst und wartest. Hättest du hingegen eine 3-Bet gesetzt, hätten die Short-Stack-Spieler vielleicht stattdessen auf einen besseren Spot gewartet, da sie dann nicht mehr so viel Fold Equity hätten.
Auf einer grossen Bubble
Die dritte Situation ist die Money Bubble.
Du spielst Pokerturniere mit der Absicht, zu gewinnen oder zumindest lange genug im Spiel zu bleiben, bis es bedeutende Sprünge in den Preisgeldern (Payjumps) gibt.
Das Ziel ist in der Regel nicht, lediglich ein Mini-Preisgeld zu gewinnen. Doch die Realität des Poker-Turnierspiels ist, dass es sehr wichtig für den Erhalt deiner Bankroll ist, regelmäßig Preisgelder zu gewinnen. Wenn du immer nur „spielst, um zu gewinnen“, und entsprechend aggressiv vorgehst oder dich auf Situationen mit hoher Varianz einlässt, während es auf die Bubble zugeht, kann sich dies sehr wohl negativ auf deine Bankroll auswirken.
Dies vorangestellt, sei gesagt: Wenn du ein Turnier eines Buy-in-Levels spielst, für das du eine gute Bankroll hast, und ein Mini-Preisgeld dir nicht so wichtig ist, dann nimm ruhig den Sieg ins Visier. Die hohen Preisgelder gibt es schließlich erst für die Top-Plätze, und wenn ein gewonnener „Münzwurf“ (eine Situation mit ca. 50/50 Chance) dich an die Spitze katapultiert, dann lass dich drauf ein.
Doch was ist mit solchen Bubbles, bei denen schon der Mindestpreis eine wirklich große Rolle spielt?
Einmal angenommen, du qualifizierst dich über ein Satellite für ein großes Event: Ein Turnier mit einem Buy-in dieser Größenordnung würdest du normalerweise niemals spielen und ein gutes Ergebnis würde sich bedeutend auf deine Bankroll auswirken, vielleicht sogar auf dein Leben außerhalb von Poker.
Bei diesen Gelegenheiten ist es völlig in Ordnung, die Money Bubble mit Vorsicht anzugehen. Und das kann Slowplay mit deinen starken Blättern bedeuten.
Slowplay hilft dir, die Höhe des Pots unter Kontrolle zu behalten und das Risiko der Eliminierung aus dem Turnier zu vermeiden. Und sobald die Bubble schließlich hinter dir liegt, kannst du wieder normal weiterspielen.