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Card Dead – Keine guten Karten in Turnieren

Juli 30, 2020
von PokerStarsSchool

Wer kennt es nicht. Eine Hand nach der anderen und ein Orbit nach dem anderen nichts als völlig wertlose Startblätter. Du foldest weiter und schaust zu, wie dein Stack angesichts steigender Blinds und Antes immer kleiner wird. Mit dem schrumpfenden Stack wächst der Druck. Wie solltest du am besten mit diesem als „card dead“ bekannten Syndrom umgehen und wie heil rauskommen?

Bleib diszipliniert: Wenn du für eine lange Zeit nichts außer Schrott auf der Hand hattest, kann J9s schon mal wie AA aussehen. Doch es ist nicht AA. Lass dich also nicht von einem Startblatt, das in gewissen Situationen spielbar sein mag, zu etwas Verrücktem hinreißen. Das passiert den Leuten ständig und anschließend hört man die Entschuldigung: „Aber es war das beste Blatt, das ich in zwei Stunden hatte.“

Beobachte aufmerksam das Geschehen: Die vielen Folds lassen uns viel freie Zeit am Tisch. Nutze diese Zeit sinnvoll, indem du deine Gegenspieler beobachtest oder ihre Statistiken analysierst. Letzteres setzt allerdings voraus, dass dir ein aussagekräftiges Sample zur Verfügung steht. Wonach sollten wir schauen? Nach Spielern, die zu oft folden. Jeder legt die extrem schwachen Startblätter nieder, doch einige Spieler machen es auch bei verhältnismäßig guten Blättern, mit denen sie eigentlich auf Verteidigung spielen sollten – sie verteidigen zu tight.

Andere Spieler haben eine zu weite Opening Range, weshalb sie sich nicht angemessen gegen 3-Bets verteidigen können. Manche Spieler verwenden eine geradlinige Postflop-Strategie und spielen ihr Blatt jeweils seiner Stärke entsprechend. Zu lernen, deine Gegenspieler richtig einzuordnen, kann dir dabei helfen, die richtige Angriffsstrategie gegen sie zu entwickeln.

Betrachte die Situation, nicht das Blatt: Das ist der wesentliche Punkt bei dem Ganzen. Diejenigen, die sich ständig darüber beschweren, keine spielbaren Karten zu bekommen, fallen in der Regel immer wieder in dieses Verhaltensmuster zurück – denn sie richten sich einzig und allein nach ihrem Blatt. Um dein Spiel auf das nächste Level zu bringen, wirst du die jeweilige Situation analysieren müssen, statt dich auf dein Blatt zu konzentrieren.

Hier ein Extrembeispiel: Du sitzt im Small Blind, vor dir hat jeder Spieler gepasst und der Spieler im Big Blind setzt aus. In dieser Situation würdest du unabhängig von deinem Blatt ein Raise machen. Um es unmissverständlich zu sagen: Dein Blatt ist nach wie vor relevant in diesem Kontext. AA auf der Hand ist immer eine prima Situation, ganz gleich, wie die anderen Umstände sein mögen. Zurück zu unserem Beispiel: Was wäre, wenn der Spieler im Big Blind nicht aussetzt, sondern einfach nur extrem tight und vorsichtig spielt? Würdest du gegen diesen Spieler nur mit den besten Blättern auf Attacke gehen?

Oder was wäre, wenn du mitbekommen hast, dass der Spieler rechts von dir regelmäßig mit einer großen Bandbreite an Blättern ein Open Raise macht, dann jedoch sein Blatt niederlegt, wenn jemand ein Re-Raise macht? Ich denke, es ist klar, worauf ich hinaus will.

Mach dir deine Push/Fold Ranges klar: Trotz der besten Planung werden wir uns früher oder später wahrscheinlich mit einem kleinen Stack wiederfinden. Du musst keine präzisen Push/Fold Ranges auswendig lernen, doch wird dir ein grundlegendes Verständnis davon durchaus behilflich sein. Hast du jemals gesehen, wie jemand im Big Blind seinen winzigen 3-BB-Stack nach einem Raise vom Small Blind niederlegt?

Als ich neulich sah, wie ein Freund von mir genau dies tat, fragte ich ihn, warum er das machte. „Ich hatte T3o“, sagte er, „ich bin gerade richtig card dead“. Das Interessante daran ist jedoch, dass mit einem 3-BB-Stack, wovon 1,1 BB bereits in Form von Big Blind und Ante in der Mitte liegen, mathematisch gesehen T3o ein profitabler Call ist. Die eigene Intuition sagt vielleicht etwas anderes, und so ein winziger Chipstack ist wirklich ein extremes Beispiel. Doch hat dieser Spieler vermutlich noch weitere Situationen verpasst, in denen ein All-in, entweder als Open oder als Call, +EV gewesen wäre, bevor er seinen Stack auf 3 BB schrumpfen ließ.

Es macht wirklich keinen Spaß, in einem Turnier immer wieder Schrott auf die Hand zu bekommen. Aber da müssen wir alle durch. Mach es dir zur Routine, diszipliniert zu bleiben, das Geschehen aufmerksam zu verfolgen und günstige Situationen für eine profitable Attacke zu erkennen. Zusammen mit einem angemessenen Verständnis der richtigen Push/Fold Ranges bei einem Short Stack wirst du so optimal vorbereitet sein auf das Dilemma namens „card dead“ – und die besten Chancen haben, heil aus dem Tief raus und weit in dem Turnier zu kommen.

 

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