Wie du Implied Odds berechnest und wann das wichtig ist
Implied Odds sind ein interessantes Konzept: Dabei beziehst du die Möglichkeit mit ein, dass du im weiteren Verlauf der Hand einen größeren Pot gewinnst, wenn sich dein Blatt verbessert. Selbst wenn deine aktuellen Pot Odds unvorteilhaft sind, können die Implied Odds den entscheidenden Unterschied zwischen Folden und Callen ausmachen.
Es gibt sogar eine Formel, um die Implied Odds zu berechnen – auch wenn du dazu immer mutmaßen musst, was deine Gegner machen.
Im Folgenden zunächst eine kurze Erklärung, wie Implied Odds funktionieren, welche Konsequenzen sich daraus ergeben und wann sie eine Rolle spielen.
Was sind Implied Odds?
Implied Odds unterscheiden sich von Pot Odds, also dem Verhältnis des Einsatzes zum Pot basierend auf dem aktuellen Einsatz und dem aktuellen Pot. Implied Odds berücksichtigen, dass du im Laufe der Hand mehr Chips gewinnen kannst, als jetzt im Pot sind – vorausgesetzt, dass sich dein Blatt verbessert.
Implied Odds basieren also auf der Annahme, dass du mit deinem Blatt in den nächsten Einsatzrunden noch mehr Value herausholen kannst, wenn ein Monsterblatt daraus wird. Dies kann schlechte Pot Odds durchaus wettmachen und dir einen mathematisch fundierten Grund für einen Call geben.
Es ist keine exakte Wissenschaft, wie du gleich sehen wirst, doch gibt es definitiv Fälle, in denen du die Implied Odds mitberücksichtigen solltest.

Wann spielen Implied Odds eine Rolle?
Implied Odds sind vor allem dann relevant, wenn du ein Draw-Blatt wie einen Straight Draw oder einen Flush Draw hast: Du wirst mit dem Blatt den Showdown wohl nicht gewinnen, wenn es sich nicht verbessert – aber wenn doch, räumst du voraussichtlich einen fetten Pot ab.
Ein Beispiel: Du hast auf dem Flop einen Flush Draw, im Pot sind $100 und du wirst mit einem $100 Einsatz konfrontiert. Deine Pot Odds sind also 2:1. Deine Pot Odds an sich wären nicht gut genug, um in dieser Situation mit einem Flush Draw zu callen.
Aber du bist zuversichtlich, dass du in dieser Situation durchschnittlich $300 mehr auf dem Turn und dem River kassierst, wenn du deinen Flush triffst. Wenn du diesen implizierten Profit von $300 zu der Summe hinzufügst, ergibt das Implied Odds, mit denen sich ein Call eher rechtfertigen lässt.
Ein weiteres gutes Beispiel sind niedrige Pocket-Paare vor dem Flop. Sofern du damit kein Set triffst, sind deine Chancen, auf dem Showdown zu gewinnen, sehr gering. Die Chancen, mit einem Pocket-Paar auf dem Flop ein Set zu erwischen, liegen bei unter 12%. Das heißt, in 88% aller Fälle triffst du nicht und bist praktisch gezwungen zu folden.
Basierend auf den durchschnittlichen Pot Odds, die du beim Callen eines Raises vor dem Flop hast, wäre es niemals profitabel, niedrige Pocket-Paare in der Hoffnung zu spielen, damit ein Set zu treffen (Set Mining genannt). Wenn du auf dem Flop aber tatsächlich dein Set vervollständigst, hast du ein „gut getarntes“ starkes Blatt und eine gute Chance, einen hübschen Gewinn von einem Gegner mit zwei Paaren zu kassieren und vielleicht sogar deinen Chipstack zu verdoppeln.
Die Implied Odds in dieser Situation bedeuten, dass du einen Call in Höhe von ca. 5% deines Stacks im Sinne des Set Minings durchaus rechtfertigen kannst.
Implied Odds berechnen
Die Berechnung von Implied Odds ist ziemlich komplex. Glücklicherweise gibt es hierfür eine vereinfachte Formel, die wie folgt lautet:
(Potgröße + erwarteter Gewinn)/aktuellen Einsatz
Lass uns diese Formel mit einem Zahlenbeispiel veranschaulichen: Angenommen, du bist in der oben beschriebenen Situation, in der du einen Flush Draw hast und es mit einem $100 Einsatz deines Gegners in einen $100 Pot zu tun bekommst. Du gehst davon aus, dass du im Durchschnitt weitere $300 gewinnst, die noch in den Pot kommen, wenn du deinen Flush triffst.
Die Formel ist in diesem Fall ($100 Potgröße + $300 erwarteter Gewinn)/$100 aktuellen Einsatz, also $400/$100 = 4:1 Implied Odds.
In dieser Situation sind deine Pot Odds 2:1, aber deine Implied Odds 4:1. In der Praxis liegen die Odds, die du für einen Call tatsächlich brauchst, irgendwo in der Mitte zwischen diesen beiden Werten.
Leider hat diese Berechnung natürlich einen Haken: Wir wissen nicht mit Sicherheit, wie hoch der zu erwartende Gewinn ist. Wir sehen die aktuelle Potgröße und den aktuellen Einsatz, aber es ist unmöglich, zu wissen, wie hoch der Pot sein wird, wenn wir ihn gewinnen.
Um den erwarteten Gewinn einzuschätzen, musst du mehrere Vermutungen zu anderen Faktoren in der Hand anstellen.

Den erwarteten Gewinn für Implied Odds berechnen
Der erwartete Gewinn sollte ein Durchschnittswert basierend auf allen möglichen Ergebnissen sein und nicht nur auf dem bestmöglichen Ergebnis basieren. Wenn du nur das für dich beste Ergebnis miteinbeziehst und beispielsweise davon ausgehst, dass du in 100% aller Fälle den ganzen Chipstack deines Gegners gewinnst, dann wendest du Pot Odds falsch an. Dies wird zur Folge haben, dass du sehr schlechte Calls rechtfertigst.
So kannst du beispielsweise nicht davon ausgehen, dass du jedes Mal, wenn du deinen Flush triffst, den höchstmöglichen Betrag gewinnst, oder dass du jedes Mal, wenn du ein Set floppst, deinen Chipstack gegen einen Spieler mit Top Pair verdoppelst. Es wird auch vorkommen, dass deine Gegenspieler nichts haben, womit sie Einsätze machen würden, oder bei denen sie zurück checken, anstatt zu bluffen.
Wenn du annimmst, dass du in der Hälfte aller Fälle einen weiteren Einsatz in Höhe des Pots gewinnst und in der anderen Hälfte der Fälle keinen weiteren Gewinn erzielst, wenn dein Gegner foldet, dann beträgt der erwartete weitere Gewinn die Hälfte des Pots.
Du musst eine Menge Faktoren berücksichtigen, um deinen erwarteten Gewinn auch nur halbwegs akkurat einschätzen zu können:
- Stackgrößen – damit es die Sache wert ist, einem Blatt hinterherzujagen, ohne die richtigen Pot Odds dafür zu haben, musst du die Chance haben, dass du einen ganzen Haufen Chips abräumst. Wenn die Chipstacks am Tisch klein sind, sind die Implied Odds nicht viel wert. Daher sind die Stackgrößen sehr wichtig, wenn es um Implied Odds geht: je größer, desto besser.
- Die Blattstärke deines Gegners – wenn dein Gegenspieler nichts auf der Hand hat, kannst du wahrscheinlich nicht den maximalen Value herausholen. Du musst eine gute Einschätzung von seiner Blattrange haben, um deinen erwarteten Gewinn für die Implied Odds zu berechnen.
- Die Spieltendenzen deiner Gegner – wenn dein Gegenspieler kein besonders starkes Blatt hat, wäre es hilfreich, wenn er gewisse Spieltendenzen hat, die es dir ermöglichen, den maximalen Value herauszuholen. Hierzu könnte gehören, dass er mit schwachen Blättern callt oder gewagte Bluffs macht. Du wirst eher einen Gewinn aus einem loosen Spieler herausholen als aus einem tighten Spieler.
- Position – es ist wesentlich leichter, Value rauszuholen, wenn du den Positionsvorteil hast, da du dann eher in der Lage bist, den Pot im weiteren Verlauf der Hand in die Höhe zu treiben.