Nachdem das Konfetti gefallen, der Pokal erhoben und die Lichter beim zweiten $5.300 Main Event der PokerStars North American Poker Tour in Las Vegas erloschen waren, hatte Nick Marchington nur eine Reaktion auf seinen Lauf zum Titel: Das Ganze fühlte sich wie ein Traum an.
Der 26-jährige britische Profi ging als massiver Chipleader an den Finaltisch und gab seine Führung nicht mehr ab. Auf seinem Weg zum NAPT-Champion und dem Gewinn des Siegerpreisgelds in Höhe von 765.200 US-Dollar zeigte er eine der dominantesten Leistungen an einem Finaltisch überhaupt.
„Es war wirklich ein Traum. Ich habe selten so viel Spaß beim Pokern gehabt“, sagte Marchington nach seinem Sieg. “Natürlich geht jeder gern als Chipleader an den Final Table, aber ich hatte das große Glück, meine Führung zu behalten, ohne dass sie den gesamten Tag auch nur annähernd in Gefahr war.“
2024 NAPT Las Vegas Main Event – Ergebnisse am Finaltisch
1 Nick Marchington (Vereinigtes Königreich) – $765.200
2 Joel Micka (Vereinigte Staaten) – $478.450
3 Jeff Madsen (Vereinigte Staaten) – $341.750
4 Marco Johnson (Vereinigte Staaten) – $262.900
5 Curt Kohlberg (Vereinigte Staaten) – $202.250
6 Masato Yokosawa (Japan) – $155.550
7 Brock Wilson (Vereinigte Staaten) – $119.650
8 Matt Affleck (Vereinigte Staaten) – $92.000
Marchington setzte sich in einem Feld von 895 der besten Spieler:innen der USA und der Welt durch und sicherte sich den größten Titel seiner noch jungen Karriere. Aber es war nicht sein erster Auftritt im Rampenlicht der Pokerwelt: Vor fünf Jahren hatte der damals 21-jährige Marchington den Finaltisch des größten Turniers der Welt erreicht – und beim WSOP Main Event letztendlich den siebten Platz belegt. Damals war er ein Neuling im Turnierpoker und hatte nur ein einziges Live-Preisgeld zu Buche stehen. Jetzt, fünf Jahre älter und weiser, war er besser auf diesen Moment vorbereitet.
„2019 beim Main Event war ich noch ein absoluter Anfänger, vor allem was Turniere anging. Ich hatte kaum Ahnung vom Live-Pokern, und jetzt fühle ich mich im Leben und im Pokern viel erfahrener. Inzwischen verdiene ich seit sechs Jahren meinen Lebensunterhalt damit, von daher fühlte ich mich viel besser auf die ganze Erfahrung eines Finaltisches vorbereitet“, erzählte er.
Marchington besiegte dem Amerikaner Joel Micka im Heads-up und brauchte dafür – wie es sich für eine so souveräne Leistung gehört – nur eine Hand. Marchingtons Straight bis zur Sieben erwies sich als stärker als Mickas Straight bis zur Sechs. Für den Washingtoner war es nach dem zweiten Platz beim PCA 2013 bereits das zweite Mal, dass er bei einem PokerStars-Event knapp den Sieg verpasste. Marchington dagegen überschreitet mit seinem Sieg die Schwelle von 3 Millionen US-Dollar an Live-Gewinnen und geht als Start-Ziel-Champion in die Pokergeschichte ein.
Die Action am Finaltisch
Um 12:30 Uhr Ortszeit kehrten die letzten sechs Spieler auf die Hauptbühne im Resorts World Las Vegas zurück, um den neuen NAPT Las Vegas-Champion zu ermitteln. Marchington ging mit 9.990.000 Chips als Chipleader ins Rennen und lag damit mehr als 4.000.000 Chips vor seinem nächsten Herausforderer, dem Amerikaner Jeff Madsen.
Der Short Stack Masato Yokosawa hatte die Unterstützung der gesamten japanischen Pokerwelt hinter sich – und er gab seinen Anhängern Grund zum Jubeln, als er mit Ass-Dame gegen Madsens Ass-Acht verdoppelte und damit 790.000 Chips gewann. Marchington machte unterdessen dort weiter, wo er gestern aufgehört hatte, und nutzte seinen riesigen Stack, um ständig Druck auszuüben und seinen Vorsprung konsequent auszubauen.
Marchington überschritt die 11.000.000 Chips-Marke in einem Pot gegen Madsen, als beide Spieler zwei Buben als Top-Pair trafen, aber Marchington ein weiteres Paar zusammenbekam und sich den Pot sichern konnte. Danach steigerte er seine Aggressivität nur noch weiter, denn mit knapp 13.000.000 Chips konnte er einfach unangefochten Pötte gewinnen.
Schnelles Ende
Marco Johnson stoppte schließlich Marchingtons Durchmarsch, als er ein Paar Könige fand und damit seinen Stack verdoppelte. Aber Marchington erholte sich schnell, und erhöhte in einer der nächsten Hände vom Cut-off aus auf 240.000. Yokosawa ging darauf mit 2.020.000 All-in und wurde von Marchington mit zwei Buben gecallt. Yokosawa hatte nur zwei Zehner vorzuweisen – und damit musste der Vlogging-Superstar auf Platz sechs an die Rail.
In der nächsten Hand erhöhte Micka Under-the-Gun auf 250.000, und Curt Kohlberg ging vom Cut-off aus mit Ass-König für 2.280.000 All-in. Micka callte mit zwei Neunen, aber das Board brachte keine Hilfe für Kohlberg. Damit war der Geschäftsmann aus Massachusetts auf dem fünften Platz ausgeschieden.
Micka war bald darauf für einen weiteren Knockout verantwortlich, als er mit zwei Zehnen ein All-in von Johnson callte, der mit Ass-Vier seine letzten 2.230.000 Chips in die Mitte geschoben hatte. Johnson fand zwei Paare auf dem Flop, aber Micka traf ein Set und Johnson musste auf Platz vier das Turnier verlassen – als dritter Spieler am Tisch innerhalb von fünf Händen.
Das Spiel zu dritt
Obwohl Micka die letzten beiden Eliminierungen für sich verbuchen konnte, erinnerte Marchington die restlichen Spieler am Finaltisch schnell daran, dass er immer noch der „große Boss“ war. Er durchbrach mit einem 5-Bet All-in gegen Micka die Marke von 17.000.000 Chips, floppte danach zwei Paare gegen Madsen und bluffte anschließend Micka mit eine Vier als höchster Karte – was ihn der Schwelle von 20.000.000 Chips nahebrachte.
Madsen limpte dann aus dem Small Blind und Micka erhöhte aus dem Big Blind auf 600.000. Madsen ging mit, und der Flop bescherte ihm zwei Paare. Micka brachte eine Conti-Bet von 900.000, Madsen ging mit 2.125.000 All-in, und Micka callte mit Ass-Dame und einem Straight Draw. Der König auf dem Turn brachte Micka seine Straße. Madsen war dadurch nur noch eine Karte vom Ausscheiden entfernt, aber er traf auf dem River ein Full House und konnte durch diese Wunderkarte verdoppeln.
Micka fiel auf nur 1.280.000 Chips zurück – weniger als zehn Big Blinds -, aber verdoppelte seinen Stack bald darauf mit einer Straight gegen Marchington. Dann nahm er Marchington mit einem Nut Flush auf dem River weitere Chips ab und überlebte sogar noch ein drittes All-in. Madsen dagegen callte mit seinen letzten 3.375.000 Chips im Big Blind ein All-in von Marchington aus dem Small Blind – und sah zunächst mit seinem Paar Damen gegen Marchingtons Ass wie der sichere Sieger aus. Flop und Turn brachten keine Veränderung. Aber als Madsen nur noch den River überstehen musste, um seinen Stack zu verdoppeln, zeigte sich, dass Marchington an diesem Tag nicht zu überwinden war: Er traf auf dem River ein Ass, und für Madsen war das Turnier auf Platz drei zu Ende.
Im Heads-up
Marchington führte zu Beginn des Heads-ups gegen Joel Micka mit 21.475.000 zu 5.550.000. In der ersten Hand setzte Marchington 250.000 auf dem Flop, und Micka callte. Marchington setzte 750.000 auf dem Turn und Micka ging erneut mit. Auf dem River ging Marchington All-in, und Micka callte erneut – mit seinen letzten 4.200.000 Chips und einer Straight bis zur Sechs. Aber Marchington zeigte Sieben-Vier für eine Straight bis zur Sieben und krönte damit seine dominante Leistung am Finaltisch.
Marchington hatte den Tag über sein Bestes getan, um sich von seinem Riesenvorsprung nicht zu größenwahnsinnigen Entscheidungen hinreißen zu lassen oder den Sieg als selbstverständlich vorauszusetzen.
„Natürlich hatte ich den Vorsprung im Hinterkopf, aber ich habe wirklich versucht, jede Hand so zu spielen, wie sie kam. Denn ich weiß, dass ich durchaus in der Lage bin, einen solchen Stack zu verjubeln oder, wie man so schön sagt, auf eine Abwärtsspirale zu geraten. Also habe ich mein Möglichstes getan, konzentriert zu bleiben“, sagte er.
Vor fünf Jahren erfüllte der Brite sich den Traum eines jeden Pokerspielers und erreichte den Finaltisch des WSOP Main Events. Gestern durfte er den Nervenkitzel eines Sieges bei einem der prestigeträchtigsten Events im Pokerkalender erleben – ein Gefühl, das er so schnell nicht vergessen wird.
„Die PokerStars Main Events sind so ziemlich die prestigeträchtigsten Turniere, die man gewinnen kann. Daher fühlt es sich großartig an, einen solchen Titel zu gewinnen. Und es ist eine wirklich coole Trophäe. Das wird definitiv eine Erinnerung fürs Leben bleiben“, sagte er.
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