Glück, Pech und der Mythos Bad Beats

Viele Menschen, die sich noch nicht ausführlich mit der Materie beschäftigt haben, glauben, es handle sich bei Poker um ein Glücksspiel. In Wirklichkeit ist es aber ein Geschicklichkeitsspiel, denn langfristig sind einzig und allein die Fähigkeiten entscheidend: Spielt man besser als die Gegner gewinnt man, spielt man schlechter, verliert man.

Kurzfristig kann Glück jedoch eine große Rolle spielen, Pokerspieler sprechen hierbei oft von Varianz. Es ist ein Faktor im Spiel, über den man keine Kontrolle hat. Deshalb ist es durchaus möglich, dass man über einen gewissen Zeitraum kaum Fehler macht und trotzdem ständig verliert. Wie man sich verhalten sollte, wenn es nicht gut läuft und wie man mit Bad Beats umgeht, erfahrt ihr in diesem Artikel.

Bad Beats

Von einem „Bad Beat“ spricht man, wenn ein Blatt zu einem Zeitpunkt hoher Favorit (in der Regel deutlich über 80 %) gegenüber einem gegnerischen Blatt war, dann aber doch noch von diesem eingeholt und geschlagen wird.

Hier ist ein typisches Beispiel für einen Bad Beat:

Spieler A hat AA, Spieler B hält AK. Beide Spieler gehen am Flop 7JJ all-in. Somit ist Spieler A ein 98-prozentiger Favorit, die Hand zu gewinnen. Spieler B braucht mit den nächsten beiden Karten entweder eine Zehn und eine Dame (um eine Straße zu komplettieren), zwei Könige für ein Full House oder die zwei verbleibenden Buben für eine Teilung des Pots. Am Turn kommt ein K . Der River bringt tatsächlich noch einen weiteren K und Spieler B gewinnt die Hand mit einem Full House.

Allerdings sollte man an dieser Stelle erwähnen, dass es sich in den meisten Fällen gar nicht wirklich um Bad Beats handelt. Denn häufig herrscht nur Unklarheit über die tatsächlichen Gewinnchancen.

Schauen wir uns dazu ein weiteres Beispiel an:

Wir sind in der Endphase eines Turniers. Spieler A hat nur noch wenige Chips und geht mit 74 all-in. Spieler B findet AK und callt. Das Board bringt 37910Q und Spieler A gewinnt die Hand mit einem Paar Siebenen. Glück für Spieler A? Bad Beat für Spieler B? Werfen wir einen Blick auf die Wahrscheinlichkeiten. AK ist vor dem Flop gegen 74 zwar Favorit, aber „nur“ mit 60 % zu 40 %. In vier von zehn Fällen verliert AK also, rein basierend auf mathematischen Gesetzen. Deswegen handelt es sich hier eindeutig nicht um einen Bad Beat.

Grundsätzlich ist es so, dass wir uns eher an Bad Beats erinnern als an Situationen, in denen das Glück auf unserer Seite war. Das Gerücht, Bad Beats kämen online häufiger vor als im Livegame, entspricht ebenfalls nicht der Wahrheit. Rein statistisch gesehen treten Bad Beats gleich oft auf, egal ob man im Internet spielt oder im Casino. Jedoch werden online pro Stunde deutlich mehr Hände gespielt, da der Computer schneller mischen und geben kann als ein Mensch. Dadurch steigt zwangsläufig auch die Wahrscheinlichkeit, dass man im selben Zeitraum mehr Bad Beats erlebt.

Abgesehen davon sollte man sich klarmachen, dass schlechtes Spiel des Gegners über einen längeren Zeitraum bedeutet, dass wir Geld verdienen. Dies sollte man zu schätzen wissen, anstatt sich so sehr über einen erlittenen Bad Beat zu ärgern, dass man nicht mehr fähig ist, sein bestes Poker zu spielen.

„Bad beats are a good poker player’s friend.“ – Matthew Hilger (2004)

Tatsächlich ist eine hohe Anzahl von Bad Beats, die man einstecken muss, nämlich ein Zeichen für gutes Spiel. Denn schließlich hat unser Gegner seine Chips in die Mitte gestellt, obwohl seine Chance zu gewinnen viel zu gering war. Wenn dies der Fall ist, muss der Gegner auf Dauer mit diesem Verhalten verlieren, basierend auf einer mathematischen Gesetzmäßigkeit, die nach ausreichend vielen Händen eintreten wird. Und das ist genau, was wir wollen. Wir wollen, dass der Gegner Fehler macht und wir langfristig davon profitieren können.

Downswing

Als Downswing bezeichnet man eine Phase, in der ein Spieler trotz korrektem Spiel Verluste einfährt, da die Karten einfach nicht zu seinen Gunsten fallen oder sich die Spielsituationen häufig unvorteilhaft gestalten, also schlicht und einfach eine Pechsträhne. Während eines Downswings gilt es, die folgenden drei Punkte unbedingt zu beachten.

1.Tilt vermeiden

Wenn man über einen längeren Zeitraum korrekt spielt und trotzdem verliert, kann das leicht dazu führen, dass man tiltet. Tilt bezeichnet einen Gemütszustand, der einen daran hindert so gut Poker zu spielen wie normalerweise. Meistens wird er durch einen Bad Beat oder einen Downswing verursacht. Dies gilt es in jedem Fall zu vermeiden, da man in diesem Zustand nicht mehr in der Lage ist, vernünftige Entscheidungen zu treffen. Man trauert seinen Verlusten nach und versucht auf Teufel komm raus alles zurückzugewinnen. Dadurch ergibt sich ein hohes Risiko, innerhalb kurzer Zeit sehr viel Geld zu verlieren. Deshalb sollte man sofort eine Pause einlegen, sobald man merkt, dass man auf Tilt ist und lieber zu einem späteren Zeitpunkt weiterspielen oder zumindest die Tischanzahl verringern.

2. Bankroll-Management beachten

Gerade in einer solchen Situation ist striktes Poker Bankroll Management unerlässlich, da sonst die Gefahr besteht, die eigene Bankroll vollständig zu verlieren. Deshalb ist es ratsam, während eines länger anhaltenden Downswings im Limit abzusteigen oder weniger Tische und Hände zu spielen, um größere Verluste zu vermeiden.

3. Keine voreiligen Veränderungen vornehmen

Außerdem kann ein langer Downswing zur Folge haben, dass man an seinem eigenen Spiel zweifelt und ohne lange darüber nachzudenken Veränderungen an seiner Spielweise vornimmt. Unglücklicherweise schadet dies oft mehr als es bringt. Selbst wenn die neue Strategie kurzfristig bessere Ergebnisse liefert, kann diese dennoch schlechter als die vorherige sein. Der Grund dafür ist in den meisten Fällen einfach, dass auf kurze Sicht das Glück eine enorme Rolle spielt. Es ist natürlich sinnvoll, sich weiter über Poker zu informieren und bei Bedarf auch seine Spielweise zu ändern. Dabei muss man allerdings vorsichtig vorgehen und nicht bewährte Grundlagen wie eine tight-aggressive Spielweise über Bord werfen.

Es ist sehr schwierig, Downswings zu überwinden, jedoch werden sie immer mal wieder vorkommen. Falls man sich an die oben genannten Ratschläge hält, lassen sich diese Phasen auch gut überstehen. Wenn es dann wieder besser läuft, macht das Spielen umso mehr Spaß.

Upswing

Der Upswing ist das Gegenteil eines Downswings. Als Upswing bezeichnet man eine Zeitspanne, in der ein Spieler übermäßig viel Glück hat. Er findet häufig gute Karten und gute Spielsituationen, sodass er in dieser Zeit überdurchschnittliche Gewinne einfahren kann. Er hat eine Glückssträhne. Im Allgemeinen ist ein Upswing also etwas äußerst Positives. Das Spielen macht riesigen Spaß, da einem alles zu gelingen scheint und man im Gefühl des sicheren Sieges häufig instinktiv die richtigen Entscheidungen trifft.

Allerdings birgt auch ein Upswing Gefahren. Mögliche negative Folgen sind, dass man leicht zur Selbstüberschätzung neigt und dadurch zu viele Hände spielt und zu häufig blufft. Da man innerhalb eines kurzen Zeitraums viel Geld gewonnen hat, tendieren viele Spieler in einer solchen Phase auch dazu, höhere Limits zu spielen als ihre Bankroll zulässt. Des Weiteren wird das eigene Spiel nicht mehr kritisch genug beäugt und auch die Fehleranalyse und Auswertung kommen oft zu kurz. Aus Sicht des Spielers ist es ja eigentlich sehr gut gelaufen und somit glaubt er, alles richtig gemacht zu haben.

Dennoch sollte man auch während eines Upswings weiterhin striktes Bankroll-Management betreiben und auf keinen Fall zu schnell in den Limits aufsteigen, da solch eine Phase auch schnell vorbei sein oder ins Gegenteil umschlagen kann. Wenn man langfristig erfolgreich sein will, ist es dringend erforderlich, kontinuierlich an seinem Spiel zu arbeiten. Das gilt sowohl für Phasen, in denen es gut läuft, als auch für Downswings!

Ein Upswing sorgt für große Gewinne und beste Laune. Wenn man sich an die obigen Tipps hält, sollte man die Gefahren eines Upswings ebenfalls problemlos im Griff haben.

Fazit

Es bleibt also festzuhalten, dass Glück ein Faktor ist, über den man keine Kontrolle hat und der kurzfristig eine große Rolle spielen kann. Andererseits sind es aber gerade Aspekte wie Glück und Pech, die den Reiz des Spiels ausmachen und für große Spannung sorgen. Wenn immer der bessere Spieler gewinnen würde, wäre Poker auf Dauer langweilig. Der Glücksfaktor führt dazu, dass beim Poker, zumindest kurzfristig, jeder gewinnen kann. Langfristig wird sich aber immer der bessere Spieler durchsetzen. Absolute Grundvoraussetzung, um dauerhaft erfolgreich zu sein ist, gut mit Upswings und Downswings umzugehen. Das bedeutet vor allem, sich konsequent an sein Bankroll-Management zu halten. Außerdem ist es notwendig, sich kontinuierlich weiterzubilden und sein Spiel immer wieder zu überdenken. Denn beim Pokern lernt man nie aus.