Preisgeld – Money Bubble in MTTs

Die Bubble ist eine entscheidende Situation in jedem Multitisch- und Sit & Go-Turnier. Allerdings verfolgen die Spieler je nach Turnierart unterschiedliche Ziele. In einem Sit & Go-Turnier (SNG) kommt es vor allem darauf an, über die Bubble hinaus im Spiel zu bleiben. In einem Multitisch-Turnier (MTT) versuchen die besten Spieler, Chips zu sammeln und sind bereit, für dieses Ziel ihr „Turnier-Leben“ aufs Spiel zu setzen. Um die Gründe zu verstehen, müssen wir uns die Preisstrukturen ansehen.

Auf der Bubble gegen „schwache“ Gegner spielen

Viele Spieler tun alles, um die Bubble einfach nur zu überstehen und opfern auf dem Weg dahin jede Menge Chips. Um solche Spieler zu identifizieren, solltest du deine Gegner gut im Auge behalten und dir ihre Schwäche zu Nutze machen. Beim Pokern bedeutet „schwach“ (weak) in diesem Zusammenhang übrigens eine tighte und zurückhaltende Spielweise. Das ist nicht gleichbedeutend mit schlechtem Spiel – „schlecht“ ist hier ein zu schwaches oder zu aggressives Spiel. Und ein eher „schwaches“ Spiel kann manchmal sogar die richtige Strategie sein – allerdings nicht auf der Bubble eines Multitisch-Turniers!

Passen: Im Falle eines Folds bleiben dir noch 32.000 Chips. Ganz genau lässt sich der Wert deines Chipstacks nicht beziffern, doch es gibt einige Orientierungshilfen: Wenn du die nächsten Hände vorsichtig spielst, wirst du es mit hoher Wahrscheinlichkeit ins Geld schaffen. Das niedrigste Preisgeld beträgt rund $300. So viel ist dein Stack also mindestens wert. Du hast natürlich auch die Chance, eine bessere Platzierung zu erreichen und mehr Geld zu gewinnen. Zu Beginn des Turniers waren 10.000 Chips $200 wert (das Buy-in). Nach der Bubble sind ca. 30% des Preisgelds schon verteilt (denn 15% der Spieler werden ihr Geld zumindest verdoppeln).

Was mit den restlichen 70% geschieht, ergibt sich in der Endphase des Turniers. Man kann also guten Gewissens annehmen, dass diese zusätzliche Chance rund $500 wert ist. Folglich beläuft sich der Wert von 10.000 Chips nach der Bubble auf durchschnittlich $140 (nicht mit eingerechnet die $300, die jeder Spieler nach der Bubble auf jeden Fall bekommt). Du hast noch 32.000 Chips übrig, also 3,2 x 10.000. Somit sind deine Chips ca.3,2 x $140 = $448 wert.

Folglich kannst du im Fall eines Folds mit einem Gewinn von ungefähr $750 rechnen.

Mitgehen: Wenn du callst, gibt es zwei mögliche Resultate: Du gewinnst oder du verlierst. Split Pots lassen wir hier beiseite, da sie ohnehin unwahrscheinlich sind.

Damit beläuft sich der Erwartungswert bei einem Call auf $910.

Wenn du mitgehst, liegt der Erwartungswert bei $910 und bei $750, wenn du foldest. Das heißt, der Erwartungswert wäre im Falle eines Calls rund $160 höher. Das ist ein beträchtlicher Unterschied! Deshalb solltest du mitgehen, denn passen wäre hier ein kostspieliger Fehler.

Sehen wir uns nun den mathematischen Hintergrund dieses ersten Praxisbeispiels an. Es ist nicht unbedingt notwendig, sich damit zu beschäftigen, doch einige Leser könnte dies interessieren. Nehmen wir an, du bist beim Sunday Million auf der Bubble und der aggressive Big Stack geht vom Button aus All-in. Die Blinds stehen bei 1.500 / 3.000 und du musst entscheiden, ob du im Big Blind mit einem Paar Neunen und einem Chipstack von 35.000 callen willst. Du hast zwei Handlungsmöglichkeiten und wir werden versuchen, dafür die jeweiligen Erwartungswerte auszurechnen (Erwartungswert = „expected value“ (EV) = dein durchschnittlicher Gewinn unter der Annahme, dass diese Situation sehr häufig auftritt).

Gesamter EV = [garantierte Gewinnauszahlung im Geld] + [Wert deines Chipstacks] = $300 + $448 = $748 EV.

Nun zum Erwartungswert, wenn du callst und verlierst. Das ist einfach: Wenn du verlierst, scheidest aus dem Spiel aus und gewinnst nichts. Daher beträgt dein Erwartungswert = 0 EV. Wenn du callst und gewinnst, hast du rund 70.000 Chips. Diese Rechnung ist leicht, da du dann fast exakt einen Durchschnittsstack hast. Der Wert des Durchschnittsstacks entspricht dem durchschnittlichen Wert der Stacks aller Spieler. Dieser errechnet sich aus der Höhe des Preispools geteilt durch die Anzahl der im Turnier verbliebenen Spieler. Ergebnis: Erwartungswert = $1.400.

Der gesamte Erwartungswert bei einem Call entspricht dem Erwartungswert, wenn du gewinnst, multipliziert mit der Wahrscheinlichkeit, dass du gewinnst, plus dem Erwartungswert, wenn du verlierst, multipliziert mit der Wahrscheinlichkeit, dass du verlierst.

Hier das Ganze in einer Formel: EV Call = Equity (Gewinnchance multipliziert mit der Größe des Pots) x [EV Call und Gewinnen] + (1-Equity) x [EV Call und Verlieren] = 65% x $1.400 + 35% x 0 = 65% x $1.400 = $910.

Wenn du von leicht unterschiedlichen Annahmen bezüglich des Werts deines Stacks und der Hände ausgehst, mit denen dein Gegner All-in geht, wirst du auf leicht abweichende Ergebnisse kommen. Doch die Schlussfolgerung sollte die gleiche sein: Ein Call ist hier wesentlich vorteilhafter ist als ein Fold.

Das erste Beispiel oben zeigt, dass viele Spieler fast jede Hand folden. Leider ist es schwierig, dies auch direkt zu beobachten. Im Allgemeinen sieht man nicht, ob der Fold eines Gegners zu tight war oder er schlichtweg eine schlechte Hand hatte. Doch es gibt Hinweise, mithilfe derer man schwache und zurückhaltende Spieler ausmachen kann.

  • Bei Live-Turnieren kann es sogar ganz leicht sein: Die Leute sagen es dir selbst! Sie fragen ständig, wie viele Spieler noch übrig sind. Oder sie kommentieren, wie dumm es wäre, ohne eine Monsterhand wie A-A oder K-K, zu callen und zu verlieren. Andere wiederum gestehen, dass sie davon träumen, es bei einem Live-Turnier zum ersten Mal ins Geld zu schaffen. Meistens sind die Spieler in diesen Gesprächen ehrlich. Du kannst also davon ausgehen, dass es sich um schwache Spieler handelt.
  • Sollten es dir deine Gegner jedoch nicht so leicht machen, musst du ihr Spiel unter die Lupe nehmen. Jemand, der angesichts einer Erhöhung 20 Mal in Folge passt, spielt mit großer Wahrscheinlichkeit sehr tight.
  • Und manchmal kannst du zwar nicht herausfinden, ob ein Spieler schwach ist, doch immerhin aus dem Gegenteil deine Schlüsse ziehen: Wenn jemand ein All-in callt und eine mittelmäßige Hand hat, ist er kein schwacher Spieler … und du solltest ihm gegenüber vorsichtig sein.
    Falls du gar keine Hinweise hast, solltest du von einem eher schwachen Gegner ausgehen.

Wenn du am Tisch einen oder mehrere schwache Spieler ausmachst, ist klar, was du theoretisch tun solltest: angreifen!

Nach der Bubble All-ins callen

Gleich nach der Bubble werden viele Spieler übermütig – insbesondere solche, die vorher schwach gespielt haben! Obwohl es sie viele Chips gekostet hat, freuen sie sich, noch dabei zu sein. Jetzt sind sie zwar short-stacked, haben aber keine Angst mehr davor, Pleite zu gehen. Üblicherweise folgen in sehr kurzer Zeit viele All-ins. Du musst nun viel vorsichtiger sein, wenn du Blinds stehlen willst und wirst immer wieder entscheiden müssen, ob du das All-in eines Gegners mit niedrigem Chipstack callen sollst.

Worauf es beim Spiel auf der Bubble ankommt

  • Die Spielstrategie auf der Bubble ist sehr wichtig – denn hier reicht es nicht, sich nur aufs Überleben zu konzentrieren.
  • Versuche, schwache Spieler zu identifizieren, die zu oft passen, um weiter im Spiel zu bleiben.
  • Außerdem solltest du sehr aggressiv Blinds stehlen.
  • Sobald die Bubble überstanden ist, spielen viele Gegner verrückt und gehen häufig All-in. Mit einem ordentlichen Blatt kannst du sie abschießen – insbesondere, wenn du an den Blinds bist!
  • Hast du allerdings ein niedriges Paar auf der Hand, solltest du dir genau überlegen, wann du mitgehen willst. Deine Chancen stehen dann 50:50 oder sogar viel schlechter.