Short-Term vs. Long-Term EV

In diesem Strategieartikel zum Thema Pokerturniere mit Turbo-Format geht es um den Unterschied zwischen kurzfristigen (Short-Term EV) und langfristigen Erwartungswert (Long-Term EV).

Dieser Artikel ist etwas mehr „theoretisch“ als die anderen Beiträge zum Thema Turbo-Turniere. In Turbos ist es besonders wichtig den kurzfristigen Erwartungswert (EV) zu maximieren.

Erwartungswert

Der Erwartungswert, welcher in der Poker-Community oftmals auch als EV (Expected Value) bezeichnet wird, ist der Maßstab, um zu beurteilen, welchen monetären Effekt ein Spielzug hat. Eine Erklärung und ausführliche Beispiele gibt es im Artikel Erwartungswert in Poker.

Short-Term EV

Der kurzfristige Erwartungswert kann leicht berechnet werden und gibt uns den erwarteten Ausgang einer bestimmten Situation an. Wenn du zum Beispiel beobachtest, dass ein Spieler zu oft auf eine 3-Bet foldet, kannst du mit marginalen Händen erhöhen und hast einen positiven Erwartungswert (+EV).

Long-Term EV

Natürlich führen kurzfristige Entscheidungen mit einem positiven Erwartungswert auch zu einem langfristigen Erfolg. Zumindest „rein mathematisch“. Wir möchten hier jedoch Situationen erläutern, in denen deine Gegner ebenfalls ihr Spiel anpassen.

Nehmen wir das obige Beispiel. Der Gegner wirft fast immer weg, wenn du eine 3-Bet spielst. Irgendwann wird er jedoch merken, dass du ein Leak in seinem Spiel gefunden hast und passt sein Spiel an. Wenn du also konsequent mit 94o eine 3-Bet spielst, dann verwandelt sich die Situation von „+EV“ in „-EV“.

In einem Spiel, in dem du sehr viele Hände gegen einen Gegner spielst und beide Seiten viele Informationen erhalten, wird das Spiel sehr dynamisch.

Erwartungswert in Turbo-Turnieren

Uns interessiert jedoch die Strategie in Turbos und Hypers. Du wirst sehr oft an einen neuen Tisch gesetzt, und es kommt selten vor, dass du viele Hände gegen einen bestimmten Gegner spielst.

Dementsprechend kannst du deinen Fokus auf den kurzfristigen Erwartungswert legen. Mach dir keine Gedanken dein Spiel auszubalancieren, denn es geht darum schnell Chips zu sammeln, um langfristig Erfolg zu haben.

Nehmen wir ein konkretes Beispiel. In der mittleren Phase, wenn Blinds steigen und Antes ebenfalls am Stack knabbern, sitzt du mit 23 Big Blinds am Button und hältst A4 offsuit. Ein Gegner am Cutoff und 18 Big Blinds eröffnet auf 2,5 Big Blinds.

Dein Gegner spielte bisher recht konservativ und warf auf unsere bisherigen 3-Bets – drei an der Zahl – seine Karten weg. Langfristig können wir mit unserer Hand keinen Gewinn machen. Doch in dieser bestimmten Situation haben wir keine Zeit uns Gedanken zu machen, was auf eine Dauer von 1.000.000 Händen passiert.

In Turbos gibt es zahlreiche Situationen wie diese. Du musst die Gelegenheit am Schopf packen. Klaue die Blinds, feuere mit einer weiten Range 3-Bets und 4-Bets ab. Sei aber auch vorsichtig und ein wenig ‚zu konservativ‘, wenn ein Big Stack dich an die Rails schicken könnte.

Die Kehrseite

Es gibt natürlich auch einen Umkehrschluss. Sitzt du beispielsweise in einem Live-Turnier an einem Tisch und es gibt viel Zeit Reads zu sammeln, dann solltest du nicht zum Sklaven des Short-Term EV werden.