Wenn jemand preflop limpt

In unserem ersten Abschnitt haben wir gelernt, wie wir den Pot mit einem Raise eröffnen. Dies tun wir in erster Linie mit der Absicht, das Spielerfeld zu verkleinern, einen Pot aufzubauen und natürlich unseren Chipstack aufrechtzuerhalten, indem wir die Blinds stehlen. Mit unserem Raise wollten wir für ein kleines Spielerfeld sorgen, in dem wir den Pot auf eine von zwei Arten gewinnen können: Entweder, indem unser Blatt bis zum Ende das beste Pokerblatt bleibt, oder indem unsere Gegenspieler passen.

Wenn nun ein Mitspieler einen Call macht, bevor wir am Zug sind (als Limp bekannt), kann dies genau zu dem gegenteiligen Szenario führen von dem, das wir normalerweise erstellen wollen. Ein Limp zieht weitere Limps an, und bevor wir es merken, spielen wir zu viert um den Pot. Dies gefährdet unseren EV, weil es sowohl die Chancen verringert, beim Showdown zu gewinnen, als auch die, die anderen Spieler zu einem Fold zu bewegen. Im Folgenden erklären wir dir, wie du am besten auf solche Limper reagieren kannst, indem wir unsere Starthände in drei Kategorien unterteilen:

1. Starthände, die nicht für die Bedrohung eines Multiway-Pots geeignet sind und deshalb ein Raise erfordern, um dies zu verhindern. Wir werden diese als Iso-Hände bezeichnen (Kurzform für Isolation).

2. Starthände, mit denen wir von einem Multiway-Pot tatsächlich profitieren. Mit diesen akzeptieren wir den Multiway-Pot und erwidern einen Limp mit einem Limp.

3. Starthände, mit denen ein Raise aufgrund der niedrigeren, durch den oder die Limps verursachte, Fold Equity (unsere Chance, die Gegner zu einem Fold zu bringen) falsch wäre. Diese Starthände sind auch nicht geeignet, um selbst damit zu limpen und damit um einen Multiway-Pot zu spielen. Diese Blätter legen wir einfach ab.

 

Isolation

Wenn vor uns jemand gelimpt ist, sollten wir uns zunächst fragen, ob mit unserem Blatt eine Erhöhung, um zu isolieren (ein Iso-Raise), am besten geeignet wäre. In meinem Buch „The Grinder’s Manual“ habe ich drei Schlüsselattribute dargelegt, wann eine Situation gut für den Iso-Raise geeignet ist. Diese Faktoren sind:

(A) Häufige Stärke: Bei diesem Faktor geht es darum, wie häufig wir aus unserer Starthand ein starkes Blatt auf dem Flop machen. Mit „häufig“ meinen wir Blätter, mit denen man relativ leicht ein Top-Paar mit gutem Kicker oder einen Flush Draw floppt. Sehr starke Blätter wie Drillinge sind wunderbar, doch kommen sie nicht oft genug vor, um sie als „häufig“ zu bezeichnen. Entsprechend sollten wir Blätter wie AA, QQ und AQs als Starthände klassifizieren, bei denen der Faktor „Häufige Stärke“ in hohem Maß gegeben ist. Bei Blättern wie KJo und A5s ist dieser Faktor einigermaßen vorhanden und bei solchen wie 44, 54s und A6o nur in relativ geringem Maß.

(B) Fold Equity: Dieses Konzept spielt eine zentrale Rolle beim Erwartungswert (EV) von vielen unserer Entscheidungen, die wir als Pokerspieler treffen. Fold Equity lässt sich gut damit erklären, in wie viel Prozent von Fällen wir unsere Gegenspieler zu einem Fold bewegen, um auf diese Art unseren EV (Erwartungswert) zu erhöhen. Wir können den genauen Wert unserer Fold Equity nicht wissen. Jedoch können wir abschätzen, ob dieser sich wahrscheinlich erhöht oder verringert – jeweils basierend darauf, wie viele Limps es gegeben hat, von welchem oder welchen Spielertyp/en die Limps kamen, und wie viele Spieler, die loose sind, nach uns am Zug sind. Je besser unsere Fold Equity zu sein scheint, umso weniger wichtig wird die Rolle des Faktors „Häufige Stärke“ bei der Absicht, mit unserem Blatt zu isolieren.

Beispiel 1: Nehmen wir einmal an, zwei Spieler, die sehr loose und riskant spielen, limpen von UTG und vom HJ, bevor wir am CO am Zug sind. Zudem wissen wir, dass der Spieler im BB oft mitgeht und wahrscheinlich leicht in Versuchung kommt, in einen Multiway-Pot einzusteigen. In dieser Situation muss der Faktor „Häufige Stärke“ eindeutig gegeben sein, um zu isolieren. In diesem Fall sind Blätter, mit denen man oft ein gutes Paar trifft, wie AJo oder QJs, immer noch einen Versuch wert, das Spielerfeld zu verkleinern. Das liegt daran, dass sich diese Starthände am besten mit einem Gegner (Heads-up) oder im schlimmsten Fall mit zwei Gegnern (Three-Way-Pot) spielen lassen. Jedoch werden wir in einer solchen Situation nicht mit vielen schwächeren Blättern als diesen erhöhen können, aufgrund der Wahrscheinlichkeit, dass mehrere Gegenspieler mitgehen werden.

Beispiel 2: Dieses Mal sind wir am Button am Zug. Es gab einen Limp auf dem CO, jedoch von einem passiven Spieler mit einer Fit-or-Fold-Spielweise. Wir können also davon ausgehen, dass er entweder gleich aufgibt oder aber nach einem für ihn ungünstigen Flop. Die Spieler in den Blinds sind tight und nur selten bereit, in einen Pot einzusteigen. Diese Situation unterscheidet sich grundlegend von dem oben genannten Beispiel. Wir sollten hier nicht zögern, mit spekulativen Blättern wie 85s oder K8o einen Isolationsversuch zu unternehmen. Alle Bedingungen dafür sind erfüllt. Anders ausgedrückt, wir haben eine sehr hohe Fold Equity, weshalb der Faktor „Häufige Stärke“ für uns nur eine sehr geringe Rolle spielt.

(C) Position: In Position zu spielen (nach dem Flop als Letzter am Zug zu sein) ist ein gewaltiger Vorteil. Die Vorteile von Information und einer besseren Kontrolle darüber, wann Geld in den Pot kommt, in Kombination mit relativ großen Chipstacks am Tisch (Deepstack) führen für uns fast immer zu einem bedeutend höheren EV. In Position zu sein erhöht deshalb den EV einer jeden Investition im Poker, und das umso mehr bei einem Iso-Raise. Dieser Faktor ist zwar nicht ganz so bedeutend wie die beiden vorgenannten, doch kann er sehr wohl ausschlaggebend sein für die Entscheidung, einen Isolationsversuch zu unternehmen. Im zweiten oben genannten Beispiel wären wir vielleicht nicht so scharf darauf, mit einer so weiten Range wie 85s zu isolieren, wenn wir im SB sitzen würden und in jeder folgenden Einsatzrunde als Erster am Zug wären. In einer solchen Situation wären Blätter wie 87s, 76s oder JTo die schwächsten Starthände, mit denen ich ein Raise spielen würde. Die Position kann wirklich ein Ausschlusskriterium sein, was das Isolieren angeht.

Beachte, dass die Anforderung für diese drei Faktoren umgekehrt proportional ist. Je mehr der Faktor A gegeben ist, desto weniger brauchen wir B und C. Je mehr der Faktor B gegeben ist, desto weniger brauchen wir A und C, und so weiter.

Die Höhe der Iso-Raises

Der Limper hat den anderen Spielern zusätzlichen Anreiz gegeben, in die Runde einzusteigen. Das heißt, wenn wir ein Blatt haben, das ein kleineres Spielerfeld erfordert, sollten wir zusätzliche Maßnahmen ergreifen, um sie davon abzubringen. Die folgende Regel wird dir helfen:

Erhöhe auf 3 BB plus ein BB extra für jeden Limper und jeden Spieler, der sehr loose spielt und nach dir am Zug ist. Addiere einen weiteren BB, wenn die Limper dir gegenüber Position haben.

Auf diese Art sorgst du sozusagen vorbeugend für einen negativen Anreiz für deine Gegenspieler, einen Multiway-Pot zu generieren, für den dein Blatt nicht geeignet ist. Wenn wir beispielsweise auf dem Button sind, zwei Spieler limpen und nach uns eine Calling Station in den Blinds wartet, könnte es eine gute Idee sein, den Raise auf bis zu 6 BB (3+1+1+1) zu steigern.

Einen Limp mit einem Limp erwidern (Limping behind)

Ein Open-Limp (als Erster mit einem Call in den Pot einzusteigen) ist in 6-Max Cash Games fast nie der richtige Spielzug. Mit einer Erhöhung einzusteigen ist meistens besser. Einen Limp mit einem Limp zu erwidern ist allerdings etwas ganz anderes. Diesen Spielzug werden wir möglicherweise oft in Betracht ziehen. Es gibt eine Art von Blatt, das für die durch den Limper verursachte Multiway-Spielweise tatsächlich besser geeignet ist. Das sind die Blätter, bei denen der Faktor „Häufige Stärke“ zwar weniger vorhanden ist, die aber dafür hohe Implied Odds haben.

Blätter mit hohen Implied Odds sind solche Blätter, die dir in dem Augenblick ein günstiges Verhältnis von Einsatz und durchschnittlichem Gewinn bieten, wenn du damit was Großes triffst. Daraus folgt, dass Starthände mit hohen Implied Odds solche Blätter sind, die in angemessener Häufigkeit zu starken Blättern führen können. Ein starkes Blatt bedeutet in diesem Zusammenhang etwas Besseres als ein Paar. Naheliegende Kandidaten, um einen Limp mit einem Limp zu erwidern, sind also kleine Pocket-Paare wie [22-66] und suited Connecters, die dir keine großen Paare einbringen werden, z.B. 87s.

Indem wir billig in diese Hände einsteigen, in denen es schon einen Limp gegeben hat und die Fold Equity sich schon verringert, halten wir unsere Investition gering in solchen Fällen, in denen wir nichts treffen und den Pot aufgeben müssen. Gleichzeitig geben wir uns immer noch die Chance, auf dem Flop eine große Hand zu treffen. Je mehr Gegenspieler in den Pot einsteigen, desto besser werden unsere Implied Odds, da sich die Chance erhöht, ausgezahlt zu werden. Wie wir sehen, wird durch die Limper eine Situation erschaffen, die für diese Blätter tatsächlich günstig ist.

Folden

Denke daran, dass einer der Hauptgründe für einen Open Raise war, dank der Fold Equity aus dem Stehlen der Blinds Gewinn zu schlagen. Wenn es vor uns einen Limp gegeben hat, nimmt unsere Fold Equity ab. Es ist also eine logische Schlussfolgerung, dass die Starthände am unteren Ende unserer Range, um Blinds zu stehlen (unsere Stealing Range), in später Position zu einem Fold werden, wenn schon andere in den Pot eingestiegen sind. Du solltest diese Limps nicht persönlich nehmen, weil sie deine auf Erhöhungen zentrierte standardmäßige Strategie beeinträchtigen. Sieh sie stattdessen als eine freundliche Warnung an, dass bestimmte Blätter nicht mehr profitabel gespielt werden können.

So würden wir beispielsweise nicht zögern, mit K9o auf dem BU ein Open-Raise zu setzen, doch wenn zwei Spieler vor uns limpen, ist eine so schlechte Starthand nichts mehr wert. In diesem Szenario ist die Kombination aus den Faktoren Fold Equity und „Häufige Stärke“, die wir benötigen, um zu isolieren, nicht ausreichend gegeben. Auch haben wir weder die Implied Odds noch eine Spielbarkeit in einem Multiway-Pot, um hinterher zu limpen. Das macht diese Starthand eindeutig zu einem Fold.

Abschließende Gedanken

Du wirst bei deinen ersten Schritten in den Micro Stakes-Spielen regelmäßig auf Limper treffen. Obwohl Open-Limps in 6-Max Cash Games im Allgemeinen eine schlechte Strategie sind, brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Selbst, wenn du in den Stakes aufsteigst, wirst du noch auf viele Gegenspieler treffen, die diesen Fehler ständig wiederholen. Ein solides Verständnis davon zu haben, wann Isolation der richtige Spielzug ist, wann du selbst limpen solltest und wann passen, ist eine unschätzbare und ewig gültige Fähigkeit im Poker, die es zu meistern gilt.