Tilt ist verboten

Der größte Feind eines Pokerspielers ist oft er selbst. Wäre es den Menschen möglich, ihre Emotionen komplett auszuschalten, wäre dies ein enormer Vorteil für ihr Pokerspiel. Doch leider sind nur sehr wenige Leute dazu in der Lage.

Ein Bad Beat oder ein Cooler kann sich auf dein künftiges Spiel auswirken und auch deine Entscheidungen in schwierigen Situationen beeinflussen. Nach ein paar unglücklich verlaufenden Händen in Folge kannst du dich schon mal deinem schlimmsten Feind gegenübersehen – die Rede ist von Tilt. Auf Tilt zu sein bedeutet frustriert zu sein. Es ist nicht immer leicht diesen Gemütszustand zu erkennen, doch auf lange Sicht wird er sich immer negativ auf dein Pokerspiel auswirken. Schauen wir uns einmal ein paar der häufigsten Fehler von Spielern, die auf Tilt sind, an.

 

Mit schwachen Blättern spielen

Die am häufigsten vorkommende und leicht erkennbare Form von Tilt ist es, zu viele Startblätter zu spielen, insbesondere die schwachen. Ein Spieler, der auf Tilt ist, wird oft auf Konfrontation aus sein und deshalb den Flop auch mit grenzwertigen oder sogar einfach nur schlechten Blättern sehen wollen.

Spieler auf Tilt raisen öfter, als gut für sie ist und bleiben länger in Händen stecken, die sie besser folden sollten. Dies hat zur Folge, dass sie sich anschließend auf und nach dem Flop oft mit schweren Entscheidungen konfrontiert sehen. Ein typisches Beispiel wäre ein Spieler auf Tilt mit einem schwachen As auf der Hand, der ein Paar Asse floppt, aber für den Rest Teil der Hand nicht so recht weiß, wo er steht. Es kann auch passieren, dass man nach dem Flop mit schwachen Blättern weiterspielt. In einer solchen Situation können ein schwacher Draw oder das zweit- oder dritthöchste Paar und selbst das Top Paar mit schwachem Kicker uns sehr wohl einigen Ärger bereiten. Spieler auf Tilt finden sich wesentlich häufiger in derart lästigen Situationen wieder, als sie sollten.

Ergebnisse hinterherjagen

Eine weitere Form, in der sich Tilt äußert, hat damit zu tun, dass man Ergebnissen hinterherjagt. Dies ist der Fall, wenn der verlierende Spieler nicht einmal mehr weiß, wie es zu seinem Tilt gekommen ist! Er verliert zu viel, um das Spiel zu beenden, versucht aber trotz seiner großen Frustration weiterzuspielen. Es gibt nur sehr wenige Spieler, die in der Lage sind, ihr bestes Spiel über einen langen Zeitraum durchzuhalten. Die meisten Spieler bemerken es nicht einmal, dass sie zum Ende einer sehr langen Sessions deutlich schlechter spielen.

Viele Spieler können zudem ihre Selbstbeherrschung in Bezug auf ihr Bankroll-Management verlieren. So passiert es Turnierspielern nicht selten, dass sie im späteren Verlauf einer Session damit anfangen, sich für Turniere mit höheren Buy-ins und für mehr Turbo-Turniere anzumelden. Bei Cashgame-Spielern werden Fehler sogar noch deutlicher sichtbar, wenn sie versuchen eine Verlust-Session wieder gutzumachen, indem sie um höhere Einsätze spielen und dabei unter Umständen sogar ihre gesamte Bankroll riskieren.

Positives Tilt

Es gibt eine sehr seltene Form von Tilt, die sich positives Tilt nennt. Dies bedeutet nicht, dass der Spieler aufgrund des Tilts gewinnt, sondern genau das Gegenteil: Er gewinnt und freut sich darüber, jedoch weist seine Spielweise Anzeichen von Tilt auf. Er spielt zu viele Hände, macht zu viele Calls, die als sehr loose bezeichnet werden können, und er geht bei seinen Bluffs ein zu hohes Risiko ein. Positives Tilt ist auch schädlich, doch kann man es schwerer erkennen. Und es wird dir nur dann passieren, wenn du einen guten Lauf hast, was es dir ebenfalls erschwert das Ausmaß des Schadens abzuschätzen!

Spieler auf positivem Tilt finden für gewöhnlich durch eine ernüchternde Niederlage zurück in die Realität. Aber manchmal ist es dann schon zu spät und man hat alle seine Chips verloren, bevor man weiß was los ist. Wenn du die Lobby eines Major Online-Turniers mit großer Teilnehmerzahl öffnest, wirst du dort einige Spieler sehen, die sich bereits in kurzer Zeit einen unglaublich großen Stack aufgebaut haben. Diese Spieler sind meistens auf positivem Tilt. Sie spielen zu viele Hände, haben aber einen guten Lauf.

Ich sage vermutlich nichts Neues, wenn ich darauf hinweise, dass Tilt vermieden werden sollte – doch das ist nicht immer so einfach. Im zweiten Teil dieses Artikels werde ich versuchen abzuschätzen, wie viel dich Tilt bei den einzelnen Spieltypen kosten kann. Außerdem gehe ich darauf ein, wie du damit umgehen solltest, wenn du die Anzeichen von Tilt bei dir selbst spürst, und wie du es ausnutzen kannst, wenn deine Gegenspieler gerade selbst Tilt erleben.