Stud High-Low – Starthandauswahl
Als ich zum ersten Mal ein Hi/Lo Game spielte, dachte ich noch: „Wow, das ist ja großartig, aufgrund der zwei Wege zum Potgewinn kann man ja viel mehr Starthände spielen.“
Ich hatte nicht den leisesten Schimmer, wie falsch ich mit dieser Annahme lag. Genau das Gegenteil ist der Fall! Zunächst einmal sollte man sich eines bewusst machen: Tritt man mit einer guten Hi-Starthand an, spielt man in etwa 40 Prozent der Fälle nur um den halben Pot, sofern die Hi-Hand am Ende gewinnt. Tritt man mit einer guten Lo-Drawhand an, spielt man in den massiv überwiegenden Fällen nur um den halben Pot, sofern der Lo-Draw kommt.
Es gibt zahlreiche Potlimit-Hi-Omaha-Spieler, die trotz einer relativ loosen Starthandselektion auf Dauer erfolgreich sind. Ich kenne aber keinen einzigen Hi/Lo-Spieler, der mit einer loosen Starthandselektion auf Dauer ein „winning player“ ist.
Grundsätzlich sollte die strategische Zielsetzung sein, einen Pot zu scoopen, also allein und ohne Teilung zu gewinnen, wenn man sich in das Spiel einschaltet. Schon aus dieser Überlegung heraus kann man erkennen, dass grundsätzlich den Lo-Drawhänden eine wesentlich größere Bedeutung zukommt, als den seriösen Starthänden bei Seven Card Stud Hi.
Zur besseren Übersicht habe ich die jeweiligen Starthände in Gruppen eingeteilt, die im Hinblick auf ihre relative Stärke in absteigender Reihenfolge sortiert sind.
Starthandselektion bei Seven Card Stud Hi/Lo 8 or Better
Gruppe 1: Trips oder Dreikarten-Straightflush-Draws
Die besten Starthände sind Trips (rolled-up) und drei Lo-Cards zu einem Straightflush-Draw. Trips sollte man bei Seven Card Stud Hi/Lo generell niemals slow spielen. Speziell bei Multiway-Action wird man in vielen Fällen den Pot nur teilen können, manchmal wird auch gescoopt, da eine der Lo-Starthände am Ende eine Straight oder einen Flush gemacht hatte und man selbst die eigene Hand nicht zu einem Full House verbessern konnte. Aus diesem Grund sollte man mit Trips den Pot teuer machen, solange die Gegner tatsächlich noch „drawing“ sind.
Der Dreikarten-Straightflush-Draw ist deshalb so wertvoll, weil er ausgezeichnete Möglichkeiten eines Scoops über zwei Varianten, nämlich die Straight und den Flush, bietet. In manchen Fällen entwickelt sich hier schon auf der 5th Street ein Freeroll.
Man hält eine gemacht Lo-Hand und ist gleichzeitig auf einem Flush- oder Straightdraw. Wenn man gegen eine Hi-Hand spielt, kann man im schlechtesten Fall nur die Hälfte des Pots verlieren, man riskiert also niemals eigenes Geld und sollte von daher auch mit dieser Starthand gleich von Anfang an den Pot so teuer wie möglich machen.
Gruppe 2: ein Paar Asse mit einer Lo-Card
Wie schon in der Einführung erwähnt, kommt den Assen bei jeder Hi/Lo-Variante eine ganz besondere Bedeutung zu. Das Paar ist einerseits in der Rangfolge das höchstmögliche, anderseits ist das As auch gleichzeitig die niedrigste Lo-Card. Gerade diese Ambivalenz macht den besonderen Stellenwert aus.
Wie in Gruppe 1 spielt man mit dieser Starthand auf einen Scoop. Es spricht ebenfalls nichts dagegen, den Pot sofort so teuer wie möglich zu machen, also zu raisen und zu reraisen, solange es geht.
Gerade bei einem offenen As als Doorcard wird von den Mitspielern deutlich seltener als bei der Hi-Variante ein Paar hinter dem Raise vermutet.
Gruppe 3: drei zusammenhängende Lo-Cards (Straightdraw) und 2 Lo-Cards mit As
Obwohl diese Hände in der reinen Heads-up-Situation leichter Außenseiter gegen ein hohes Paar – wie beispielsweise Könige – sind, sollten sie ebenfalls aggressiv gespielt werden. Beim Stud Hi/Lo sieht man auf der 3rd Street wesentlich öfter Multiway-Action als bei der reinen Hi-Variante und genau hier entwickeln diese Starthände ihre relative Stärke in Hinblick auf die Möglichkeit, den Pot zu scoopen.
Nicht nur über die offensichtliche Möglichkeit, mit der gemachten Straight den Pot zu scoopen, sondern auch über eventuelle Nebenlösungen wie Two Pair bergen diese Hände viel Potenzial. Aber schon bei den Händen der Gruppe 3 sollte man die Anzahl der Livecards taktisch mitberücksichtigen. Sind schon einige der benötigten Karten sichtbar gewesen, sollte man diese Starthände weniger aggressiv spielen.
Gruppe 4: die offensichtlich beste Hi-Hand
Ist man der Überzeugung, dass man zum Start die beste Hi-Hand hält, sollte man ebenfalls von Anfang an möglichst aggressiv den Wert der eigenen Hand verteidigen. Gerade gegen mehrere Gegner, die alle offensichtlich auf einem Lo-Draw sind, empfiehlt sich ein Raise bzw. Reraise.
Viele Lo-Draws bedeuten auch, dass nur noch wenige Lo-Cards im Deck sind, die Wahrscheinlichkeit einer gemachten Lo-Hand auf der 7th Street also entsprechend geringer wird. Gleichzeitig dient das aggressive Spiel auf der 3rd Street dazu, die Anzahl der Gegner zu minimieren und so die Möglichkeit von Nebenlösungen für Hi-Hände durch die Mitspieler einzuschränken.
Gruppe 5: drei Hi-Cards als Straightflush-Draw
Im Gegensatz zur reinen Hi-Variante ist diese Hand beim Seven Card Stud Hi/Lo wesentlich schwächer einzustufen. Obwohl sie optisch „schön“ anzusehen ist, liegt hier nur wenig innere Stärke vor.
Der Grund ist offensichtlich: In vielen Fällen macht man von Anfang an nur Jagd auf die Hälfte des Pots. Verpasst man den Draw und entwickelt auch keine Nebenlösung über Paare, verliert man am Ende den ganzen Pot gegen eine gemachte Lo-Hand, die zufälligerweise noch ein Paar Dreien aufweisen kann. Diese Hand sollte man nur spielen, wenn man erkennen kann, dass die benötigten Karten insgesamt „lebendig“ sind.
Gruppe 6: kleine Paare mit As oder kleinem Kicker
Schon ab Gruppe 5 kommt man in jene Grauzone, in der eine Hand generell nur noch situationsabhängig im Hinblick auf die bisherige Action und die offenen Karten der Gegner gespielt werden sollte. Bei den Starthänden der Gruppe 6 (weiter unten) verstärkt sich diese Tendenz nochmals.
In etlichen Fällen ist weder das Paar für die Hi-Hälfte gut, noch der Lo-Draw, um die andere Hälfte des Pots zu gewinnen. Im Verlauf der Hand investiert man so jede Menge Bets, nur um am Ende festzustellen, dass man völlig leer ausgeht. Für den Lo-Draw sollte man ebenfalls mitberücksichtigen, dass man drei – anstelle von zwei – passenden Lo-Cards kaufen muss.
Im Allgemeinen sind die kleinen Paare mit einem As als Kicker etwas stärker zu bewerten, aber auch nur dann spielbar, wenn die benötigten Karten entsprechend lebendig sind. Bei dieser Gruppe ist es vorteilhaft, die 4th Street möglichst preiswert zu sehen. Kommt es schon auf der 3rd Street zu mehreren Erhöhungen, sollte man sich früh von diesen Händen trennen.
Gruppe 7: drei Lo-Cards bis zur Sieben
Mit diesen Starthänden verlieren die schwächeren Spieler auf Dauer gesehen mehr Geld als sie gewinnen. Die Hand spielt man vom Start weg nur auf die Lo-Hälfte des Pots, auch wenn ab und zu mal ein Wunder geschieht und man Runner-Runner-Trips oder zwei Paare macht, die am Ende die Nase vorn haben.
Prinzipiell mitgehen sollte man nur, wenn offensichtlich mehrere Hi-Hände um die Dominanz kämpfen und die Lo-Cards relativ alive sind. Man versucht, die 4th Street möglichst preiswert zu sehen und spielt die Hand relativ passiv.
Natürlich gibt es noch eine Menge weitere Starthände, die zwar ganz nett aussehen, die man im Seven Card Stud Hi-/Lo 8 or Better aber tunlichst sofort folden sollte:
Drei Lo-Cards bis zur Acht – Die Hand ist nur dann spielbar, wenn man sich sicher ist, dass man der einzige Spieler auf einem Lo-Draw ist, mindestens zwei weitere Spieler auf Hi-Hand gehen, keiner dieser Spieler ein offenes As zeigt und die Lo-Cards lebendig sind.
Drei Karten größer als acht für einen Flush- oder Straightdraw – Hohe Flush- und Straightdraws bieten stets eine schlechte Voraussetzung als Starthand. Man spielt in vielen Fällen nur auf die Hi-Hälfte des Pots und ist nicht einmal Favorit, auf der 7th Street überhaupt eine fertige Hand zu halten.
Kleine Paare mit mittlerem oder hohem Kicker (außer As) – Eine Starthand wie etwa gehört sofort und ohne große Überlegung in den Muck. Diese Hände spielen von vornherein nur auf die Hi-Hälfte des Pots und werden dann zu allem Überfluss noch oft genug von einem Lo-Draw geschlagen, der „zufällig“ ein Paar Siebenen im Verlauf der Hand macht.
Mit Abstand am schlechtesten schneiden jedoch die mittleren Karten ab. Jede oder in der Starthand zeigt auf Dauer eine extrem schlechte Performance. Anfänger lassen sich oft dazu hinreißen, mit einem solchen Paar mitzugehen und verlieren regelmäßig viel Geld damit. Insbesondere, wenn die eigene Doorcard eine oder ist, sollte man fast immer folden.
Die anderen, erfahrenen Spieler wissen genau Bescheid über die schlechte Performance dieser Karten und werden sofort ihre eigenen Anforderungen an die Qualität ihrer Starthand anpassen.
Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass sich signifikant weniger Starthände zum Mitspielen bei Hi/Lo eignen als dies bei der reinen Hi-Variante der Fall ist. Das wird zwangsläufig zu häufigen Folds führen und Disziplin sowie Geduld sind die ständigen Wegbegleiter, Eigenschaften, die ohnehin beim Pokern häufig gefragt sind.