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Die unterschiedlichen Typen von Live-Pokerspielern

Der Live-Spieler ist ein interessanteres Studienobjekt als sein Online-Gegenstück. Denn beim Live-Spiel können wir unsere Beobachtungen aufgrund von persönlichen Faktoren machen, wie z.B. Alter, Verhalten, die Gespräche am Tisch, Emotionskontrolle und mehr. In diesem Beitrag werde ich einige der Arten von Charakteren beschreiben, auf die man beim Live-Poker hauptsächlich trifft.

Wir befassen uns auch damit, wie sie normalerweise spielen und damit, wie wir damit umgehen sollten. Ich beziehe mich hierbei auf Live-Tells, also auf Hinweise, die uns die Persönlichkeit und das Äußere eines Menschen vermitteln. Obwohl ich in diesem Artikel der Einfachheit halber die männliche Form verwende, sind unter den im Folgenden aufgeführten Spielertypen natürlich beide Geschlechter vertreten.

Der leichtsinnige Geschäftsmann

Dieser Typ von Spieler steigt gleich nachdem er Platz genommen hat in die ersten Pots ein. Du erkennst den Typ Geschäftsmann an seinem abgehobenen und selbstbewussten Auftreten, seinem aufgeblasenen Ego und seiner Unerschrockenheit. Oftmals hat dieser Spieler keinen blassen Schimmer vom Poker.

Dennoch tritt er aufgrund seines Erfolgs im Geschäftsleben bzw. in seiner Karriere sehr selbstbewusst auf. Wenn dein Gegenspieler am Tisch herumprahlt, seinen Unmut über das langsame Spiel äußert und es ihn kalt lässt, wenn er Geld verliert, sind das alles Hinweise darauf, dass du es mit dem leichtsinnigen Geschäftsmann zu tun hast. In diesem Fall solltest du dich darauf einstellen, dass er häufig loose und unlogisch spielen wird. Es wäre also angebracht, deine Ranges entsprechend anzupassen und dich auf hohe Startkarten zu konzentrieren, mit denen du gute Chancen hast, auf dem Flop ein starkes Top-Paar zu treffen.

Diese Poker-Blätter werden häufig vorkommen und es dir ermöglichen, einen großen Pot zu gewinnen, wenn er mit seinem zweithöchsten Paar oder einem schwachen Draw zu weit gegangen ist. Obwohl du dich auf einen hohen Grad an Varianz gefasst machen musst, ist dies eine äußerst profitable Vorgehensweise.

Das aggressive Kid

Mit „Kid“ meine ich dabei den amerikanischen Begriff, bezogen auf jemanden, der jünger als 30 aussieht, und nicht den britischen Begriff, womit ein Kind oder Jugendlicher gemeint wäre. Letztere haben im Casino natürlich keinen Eintritt. Dieser Typ in seinen Zwanzigern könnte beispielsweise einen Hoodie tragen, während er sich mit ernster Miene auf seinen nächsten Spielzug konzentriert.

Er spielt gerne aggressiv und will nicht gerne als einer der schlechten Spieler angesehen werden, die sich oft mit Limps auszeichnen. Er sieht diese als „Fische“ an (im Zuge der politischen Korrektheit heutzutage als „Freizeitspieler“ bezeichnet). Dieses „Aggro Kid“ ist so ziemlich der einzige Spieler, den man bei einem €5/€10 Live-Cashgame regelmäßig 3-Bets oder Check-Raises machen sieht, ohne jedoch eine Premium Hand zu haben.

Solche Spieler sind in der Tat meistens zu aggressiv, und das in für sie ungünstigen Situationen. Doch selbst die Schlechten unter ihnen werden bessere Ergebnisse erzielen als der zuvor genannte Spielertyp, der leichtsinnige Geschäftsmann. Du solltest allerdings das „Aggro Kid“, das eine Pokerschulung genossen hat, tunlichst meiden. Denn wenn dieser Spieler auf jemanden trifft, der Poker im Prinzip noch so spielt, wie man es im Jahr 2002 machte, wird er diesem wohl das Fell über die Ohren ziehen. Lass dich nicht von Ihm überrennen: Antworte auf seine 3-Bets seltener mit einem Fold, als du es gegen andere Spieler tun würdest.

Die meisten „Aggro Kids“ werden einen Rückzieher machen, wenn sie sich mit ein paar gut getimten Gegenschlägen konfrontiert sehen. Ihr Ziel ist es, leichte Beute zu finden und Konfrontationen eher zu vermeiden. Das „Aggro Kid“ gleicht diesbezüglich in gewisser Weise dem typischen Mobber aus der Oberschule.

Der ältere tighte Spieler

Obwohl Stereotypen nicht immer der Wahrheit entsprechen, handelt es sich hier doch um eine sehr zutreffende Verallgemeinerung. Der gediegene Herr im Ruhestand wird in der Regel auf ein gutes Blatt warten, bevor er einen bedeutenden Einsatz macht, statt loose und aggressiv zu spielen.

Dieser Spieler wird oft eine Krawatte tragen, vielleicht eine Zeitung lesen und auf die häufigen 3-Bets des „Aggro Kids“ mit einem Kopfschütteln reagieren. Der ältere tighte Spieler hat sich noch nicht vom Konzept der Fold-Equity und ihren Vorteilen überzeugen lassen. Stattdessen hält er an dem überholten Glauben fest, dass „ein tightes Spiel das beste Spiel ist“.

Zögere nicht ihm die Blinds abzunehmen und zu bluffen, wenn er Schwäche zeigt. Aber gehe ihm schnell aus dem Weg, wenn er eine ungewöhnliche Aggressivität an den Tag legt. Dieser Spieler wird auf lange Sicht mit großer Sicherheit nach und nach sein Geld verlieren.

Der phlegmatische Glücksspieler

Diesem Typen ist der strategische Aspekt des Spiels so egal, dass er genauso gut Roulette oder am Spielautomaten spielen könnte. Der phlegmatische Glücksspieler hält das Geschicklichkeitselement beim Poker für überbewertet. Seine Verluste schiebt er auf eine Pechsträhne, die ihn wie ein Fluch verfolgt.

Er ist leicht zu erkennen, weil er ständig jammert und sauer ist, wenn eine Hand nicht genau nach Plan verläuft. Er ist von seiner Pechsträhne überzeugt, was dazu führt, dass er schlechte, um nicht zu sagen selbstzerstörerische Calls macht. Es kann gut sein, dass du ihm am Blackjacktisch oder an der Sportwetten-Annahme über den Weg läufst, wo er vermutlich genauso übel gelaunt sein wird.

Wenn es darum geht seine Spielweise für dich auszunutzen (Exploitation), solltest du Bluffs bei hohen Pots vermeiden. Dieser Gegenspieler gibt solche Pots nur selten kampflos auf („Pot Attachment Tilt“ genannt). Versuche darüber hinaus, diesen Spieler zu isolieren und zwar mit einer recht starken Range, die dir nach dem Flop oft eine Value Bet erlaubt. Gehe außerdem mit einem Limp in Händen mit an denen er beteiligt ist, wenn du ein Blatt mit Implied Odds hast, so wie kleine Paare.

Der furchtsame soziale Spieler

Manche Spieler wollen pokern, scheuen jedoch das Risiko. Dieser Typus ist oft redselig und offensichtlich nicht gerade versiert in dem Spiel. Er wird eine Menge Hände spielen, aber seine Vorgehensweise erinnert eher an Bingo: Er wird versuchen viele Flops zu sehen und nur dann einen bedeutenden Einsatz machen, wenn er etwas getroffen hat. Vielleicht werden seine Kumpels vom Craps-Tisch kurz herüberkommen, um nachzuschauen, wie sein Pokerspiel läuft.

Er wird sich mit wenig Geld an den Tisch setzen und seine Karten und Chips mit der Eleganz eines Elefanten handhaben. Vielleicht ist er auch ein bisschen beschwipst – und wer kann ihm das verdenken? Er ist schließlich im Casino, um Spaß zu haben. Dieser Spieler ist gleichzeitig bei weitem zu loose und zu ängstlich.

Die beste Reaktion darauf ist, ihn häufig und mit einer sehr weiten Range zu isolieren und dann oft mit C-Bets fortzufahren, wenn er mitgeht. Dieser Typ wird mit AQo limpen und anschließend bei jedem Flop passen, der nicht nahezu ideal für ihn verlief. Das beste Gegenmittel dafür ist einfach einen Pot aufzubauen und diesen dann einzustecken – sofern die anderen Spieler am Tisch uns keinen Strich durch die Rechnung machen.

Abschließende Gedanken

Die genannten Spielertypen sind natürlich alles andere als die vollständige Aufzählung aller Arten von Spielern, auf die du im Casino treffen wirst. Es handelt sich hierbei um Extrembeispiele davon, was dich erwartet. In der Praxis werden viele Spieler irgendwo dazwischen anzusiedeln sein.

Die Beschreibung eines Spielertyps bezieht sich der Definition nach auf eine ganze Bandbreite von Personen. Deshalb sind diese Stereotypen natürlich nicht immer eine genaue Wiedergabe der Realität.

Verlasse dich daher ebenso auf deine eigene Beobachtung. Natürlich wirst du auch auf einen Youngster in einem Hoodie stoßen, der tight spielt, oder einen älteren Herrn, der aggressiv spielt. Diese Leute gibt es genauso und es liegt an dir, sie zu erkennen.