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Continuation Bet

Im Folgenden wollen wir unsere Aufmerksamkeit vom Spiel vor dem Flop auf das Spiel nach dem Flop lenken, sowie auf die gängige Praxis der Continuation Bets. In früheren Zeiten bedeutete eine Continuation Bet (C-Bet) so etwas wie:

„Eine fortgesetzte Demonstration von Stärke durch den Preflop-Raiser, die nahelegt, dass er auf dem Flop getroffen hat.“

Heutzutage ist diese Definition etwas veraltet, um nicht zu sagen, anmaßend hinsichtlich des Motivs des Spielers, von dem die C-Bet kommt (des C-Bettors). Inzwischen ist uns klar, dass Spieler bei vielen Gelegenheiten auf dem Flop eine C-Bet machen werden, unabhängig davon, ob sie etwas Großes getroffen haben, und dass ihre Gegenspieler sich dieser Tatsache bewusst sind. Unser Gegenspieler (der sogenannte Villain) weiß also in der Regel, dass wir in den meisten Situationen nicht unbedingt ein starkes Blatt haben müssen, um eine C-Bet zu machen. Deshalb wäre es ein wenig überheblich, anzunehmen, dass wir etwas repräsentieren oder ein Maß an Stärke zeigen und er Grund hat, uns zu glauben. Hier also eine modernere und präzisere Definition einer C-Bet:

 

„Ein Einsatz auf dem Flop von dem Spieler, der vor dem Flop erhöht bzw. als Letzter erhöht hat (dem Preflop-Aggressor).“

Wann sollten wir uns also angesichts dieser Ausgangslage für eine C-Bet entscheiden?

Um eine so häufige Situation zu meistern, stellt sich weniger die Frage, ob eine C-Bet mit einem bestimmten Blatt in dieser Situation richtig ist, sondern vielmehr, mit welchen Blättern wir in einer derartigen Situation eine C-Bet machen sollten. Anders ausgedrückt, wir müssen einen strategisch fundierten Plan dafür entwickeln, wie wir unsere Range auf einem bestimmten Flop spielen. Denn erst dann sind wir auf jede mögliche Gelegenheit für eine C-Bet vorbereitet und nicht nur auf die, auf die wir heute aufgrund unserer speziellen Startkarten stoßen.

Wahllose C-Bets

Für den Preflop-Raiser kann die einfachste und oft effizienteste Strategie auf dem Flop darin bestehen, unabhängig von der Blattstärke, also im Endeffekt mit jedem Blatt in seiner Preflop-Opening Range, C-Bets zu setzen. Diese Vorgehensweise ist als „Wahllose C-Bets“ (unselective c-betting) bekannt, oder, eleganter ausgedrückt, als „Range-Bets“. Bevor wir uns nun aufmachen, um wahllos C-Bets zu setzen, gibt es einige strenge Bedingungen dafür, wann eine so willkürliche C-Bet-Strategie akzeptabel ist. Sind diese Vorgaben nicht erfüllt, so führt dies zu vielen Einsätzen mit einem bedeutend niedrigeren Erwartungswert (EV), als ein Check es gehabt hätte. Wahllose C-Bets (d.h. mit welchen Blättern auch immer wir wollen) sind dann plausibel, wenn sämtliche der folgenden Kriterien erfüllt sind:

  • Der Flop ist „trocken“: Das bedeutet, dass der Preflop-Caller nicht viele Möglichkeiten hat, mit der stärkeren Range des Preflop-Raisers aufzuholen. Ein solcher Flop wäre in einem typischen Aufeinandertreffen zwischen dem Spieler auf dem BU und dem im BB beispielsweise A64r oder 822r. Bei solchen und ähnlichen Boards auf dem Flop liegt der Spieler auf dem BU noch immer sehr weit vorne und hat zudem den Vorteil der Position. Wenn du die Art von Gegenspieler nicht genau einschätzen kannst (also keine spezifischen Reads hast), ist es eine solide Strategie, in dieser Situation immer einen Einsatz zu machen. Auf diese Art machst du dem Preflop-Caller das Leben schwer und nutzt den Vorteil von deiner Range gegenüber seiner Range.
  • Bei einem Heads-up-Pot: Bei einem Multiway-Pot auf dem Flop wäre es eine kostspielige Idee, unabhängig von der Blattstärke zu setzen. Nehmen wir einmal an, wir sitzen auf dem BU und spielen heads-up gegen den Spieler im BB. Der Flop bring AK3r („r“ steht für „Rainbow“, also für drei verschiedene Kartenfarben auf dem Board). In dieser Situation werden wir aufgrund unserer wesentlich höheren Konzentration von starken Blättern damit davonkommen, immer zu setzen. Eine Bet mit K6s wird uns hier deshalb Geld einbringen, weil es zum einen viele Fälle geben wird, in denen unser Gegenspieler passen muss, zum anderen aber auch solche, in denen er mit einigen schwächeren Blättern wie Pocket-Paaren, Gutshots und 3x mitgehen muss.
  • Bei einem Multiway-Pot würde sich hier das Problem stellen, dass viel öfter jemand ein As auf der Hand hat und dass jeder Mitspieler sehr viel tighter spielen kann. Beide Gegenspieler können sich oft genug gegen unsere Bet verteidigen, ohne mit einer so spekulativen Starthand wie 77 oder 43 mitgehen zu müssen. Wegen des zusätzlichen Mitstreiters um den Pot ist eine Bet in dieser Situation die schlechtere Wahl als ein Check. Das gilt nicht nur für mittelmäßige Blätter wie Kx, sondern auch für etwas so Wertloses wie 98o. Mit dieser Starthand wäre es besser, erst einmal etwas Information einzuholen, bevor man gegen zwei Spieler einen Einsatz wagt. Im Fall eines Multiway-Pots brauchen wir im Allgemeinen eine Art Checking Range.

Wir sind in Position: Mit nur wenigen Ausnahmen sind wahllose C-Bets meistens nur dann sinnvoll, wenn wir den gewaltigen Vorteil der Position haben und unser Gegenspieler deshalb nur in begrenztem Maß gewinnbringend auf Verteidigung spielen kann. Wahllose C-Bets ohne in Position zu sein sind gefährlich und sollten vermieden werden, außer, wenn unsere Range erheblich stärker ist als die des Gegners.

Die richtige Höhe von wahllosen Einsätzen:

Wenn wir vorhaben, mit dem mittleren Paar (Middle Pair), dem niedrigsten Paar (Bottom Pair), völlig wertlosen Blättern und solchen dazwischen zu setzen, wäre es klug, die Höhe so anzusetzen, dass es uns in den Fällen, in denen wir auf etwas Besseres stoßen, nicht allzu viel kostet. Wenn wir wahllos C-Bets setzen, tun wir dies sehr häufig für einen geringen Gewinn (für wenig Value). Vielleicht wollen wir es auch unserem Gegenspieler bloß nicht gönnen, quasi umsonst die nächste Karte zu sehen. In beiden Fällen nimmt der EV der meisten Blätter in unserer Range ab, wenn wir die Einsätze zu hoch ansetzen. Auf diese Art wird unsere aus wahllosen Bets bestehende Strategie zu einer schlechten Wahl.

Setze die Höhe deiner wahllosen Bets bei 33 bis 40% des Pots an.

Ausgewählte C-Bets

Aus dem oben Gesagten folgt, dass, wenn die Bedingungen für wahllose C-Bets nicht erfüllt sind, wir eine aus ausgewählten C-Bets bestehende Strategie brauchen. Diese beinhaltet nur einige bestimmte Blätter aus unserer Range. Wir können uns unsere ausgewählte Strategie auch als eine polarisierte Strategie vorstellen. Das heißt, dass wir in der Regel nur mit starken und vielversprechenden Blättern oder mit Semi-Bluffs setzen. Wann immer wir es mit einem sogenannten „wet Board“ oder einem Multiway-Pot zu tun haben oder wir ohne Positionsvorteil (out of Position) spielen, sollten wir unsere Range in vier Gruppen aufteilen. Wie du sehen wirst, sind zwei dieser Gruppen eine Bet und die anderen zwei ein Check. Im Detail sieht das so aus:

Nehmen wir einmal das oben genannte Beispiel BU vs. BB, jedoch diesmal mit einem weitaus weniger trockenen, für die Range des Spielers auf dem BU ungünstigeren Flop. Wir blicken auf ein furchteinflößendes Board aus J97tt („tt“ steht für „two tone’“, also ein Board mit zwei verschiedenen Kartenfarben und somit einem möglichen Flush Draw). Bei diesem Flop hat unser Gegenspieler im BB eine bedeutend höhere Chance aufzuholen, da die starken Starthände für unseren Raise vor dem Flop wie [QQ+ AK] nun nicht mehr so unüberwindbar sind. Stattdessen können beide Spieler für dieses Board so monstermäßige Starthände haben wie [T8s, 99, 77, J9, J7, 97]. Das verstehen wir darunter, wenn die Range des Preflop-Callers „aufgeholt hat“. Dies ist der Zeitpunkt, an dem wir unsere Range anpassen, hin zu einer ausgewählteren und bedachteren Strategie als die zuvor von uns verwendete Range-Bet.

Gruppe 1 (Bets) – Value-Blätter

In dieser Situation wollen wir normalerweise mit Blättern setzen, mit denen wir klar vorne liegen, wenn wir einen Call bekommen. Dies wird als „Value-Bet“ bezeichnet. Mit solchen Blättern einen Pot aufzubauen ist eine gute Voraussetzung für das profitable Pokerspiel. Auf dem Flop J97tt würden wir mit den folgenden Blättern meisten setzen, es sei denn, wir haben einen außerordentlichen Hinweis (Read) darauf, was unser Gegenspieler hat: [T8, JJ, 99, 77, J9, J7, 97, QQ-AA, QJ-AJ]. Mit diesen Händen erhöhen wir den EV, indem wir für mehr Geld im Pot sorgen. Wenn wir in Position sind, ist das Slowplay damit fast immer falsch.

Gruppe 1 (Check) – mittelmäßige Blätter

Die nächste Gruppe von Blättern im Rahmen unserer ausgewählten Vorgehensweise sind unsere „fertigen Blätter“ (made hands) mit mittelmäßiger Stärke. Diese Blätter sind gut genug, um damit auch dann verhältnismäßig oft beim Showdown zu gewinnen, wenn sie sich nicht weiter verbessern. Doch wenn wir anfangen, damit den Pot zu vergrößern, führt dies zu einer engeren Range des Gegenspielers – und auf einmal sieht dein Blatt nicht mehr so gut aus. Uns bleibt also die Wahl, entweder ziemlich oft einen kleinen Pot zu gewinnen oder sehr häufig einen großen Pot zu verlieren. Ich weiß, wofür ich mich entscheiden würde. Ein Check mit diesen Blättern führt zu einer leichteren Kontrolle der Größe des Pots. Und es gibt unserem Gegenspieler sogar die Gelegenheit, ein paar Chips in einen Bluff auf dem Turn oder River zu stecken. Q9o ist bei dem Flop J97tt letztendlich viel besser dafür geeignet, jemanden beim Bluffen zu erwischen, als Value aus einem gemachten Blatt zu ziehen.

Gruppe 2 (Bets) – Bluffs

Bei einer bedachten, aus ausgewählten C-Bets bestehenden Strategie gilt die folgende Faustregel aus der Pokertheorie (vorausgesetzt, dass wir keinen Grund zur Annahme haben, dass unser Gegenspieler seine Finger nicht vom Call-Button lassen kann):

Wann immer es eine Value Bet gibt, muss es auch einen Bluff geben.

Angesichts der Tatsache, dass wir mit all den starken Blättern aus der Gruppe 1 einen Pot generieren wollen, ist es sinnvoll, dass wir auch mit solchen Blättern Druck aufbauen, die zu schwach sind, um wegen ihres Showdown-Werts (Showdown Value) damit zu checken (Check-Gruppe 1). Gleichzeitig wollen wir diese Bluffs aber auch nicht mit absolut wertlosen Blättern machen. Da wir bei dieser Flop-Struktur nicht profitabel mit zwei x-beliebigen Karten setzen können, sollten wir für unsere Bluffs solche Blätter auswählen, die sich noch verbessern können. Wenn unser Gegner uns nicht den Gefallen tut, auf unsere C-Bet hin zu passen, dann hätten wir gerne immer noch eine Chance in Form der noch kommenden Karten. Bei dem Board J97tt würden wir mit Flush Draws, Gutshots und Kombinationen aus Overcards und Backdoor Flush Draws bluffen. Beachte, dass die Gruppen 1 und 2 ausgeglichen sind. Wir setzen manchmal eine Value Bet und manchmal bluffen wir. Unser Gegenspieler weiß nicht, was gerade der Fall ist – und genau das macht unsere Strategie schwer angreifbar (unexploitable).

Gruppe 2 (Check) – Wertlose Blätter

Wie wir gerade festgestellt haben, können wir also nicht mit jedem Blatt in unserer Range bluffen. Dieses Vorgehen wäre verrückt und würde unserem Gegenspieler auf lange Sicht einen sehr viel höheren EV bieten, sofern er sich dafür entscheidet, öfter mit unseren Einsätzen mitzugehen. Daraus folgt, dass wir unseren EV mit hoffnungslosen Blättern mit wenig Aussicht auf Verbesserung nicht mit einem Bluff erhöhen können – es sei denn, wir haben Grund zur Annahme, dass unser Gegner viel zu tight spielt. Bei dem Board J97tt sollten wir mit Blättern wie 44, A3o und 45s kampflos aufgeben. Beachte, dass die Fälle, in denen wir mit diesen miesen Blättern checken, ausgeglichen werden durch die Fälle, in denen wir die Starthände aus der Check-Gruppe 1 haben. Wenn auf dem Flop alle checken und es auf dem Turn zu einem ersten Einsatz (Lead Bet) unseres Gegenspielers kommt, würden wir mit diesem mit unseren mittelmäßig starken Blättern mitgehen. Deshalb ist es halb so wild, wenn wir unsere schlechten Blätter in diesen Fällen niederlegen. Die beiden Check-Gruppen 1 und 2 halten sich genauso die Waage wie unsere Betting-Ranges.

Die richtige Höhe der ausgewählten Einsätze

Wir machen unsere ausgewählten C-Bets mit einer klaren Absicht. Entweder versuchen wir, Value zu generieren, indem wir einen großen Pot aufbauen, oder wir versuchen, Druck aufzubauen mit einem Blatt, das sich vielleicht noch verbessert. Wir setzen auf jeden Fall nicht mit einem mittelmäßig starken, jedoch anfälligen Blatt. Hohe Einsätze maximieren daher jetzt den EV.

Wenn du die aus ausgewählten C-Bets bestehende Strategie anwendest, empfehlen wir eine Einsatzhöhe von 66 bis 100%.

Abschließende Gedanken

Die Ratschläge in diesem Beitrag sollen lediglich eine Empfehlung sein, wie du das Thema C-Bets mit einer theoretisch fundierten Methode angehen kannst. Wann immer dein Gegner eine unausgeglichene und angreifbare Spielweise an den Tag legt, solltest du nicht zögern, von einer solchen Herangehensweise abzuweichen. Lass die Range-Bets sein, wenn dein Gegenspieler deine C-Bets zu häufig mit einem Call erwidert, und zwar selbst dann, wenn der Flop „trocken“ und ungefährlich ist. Wenn dein Gegenüber sehr tight spielt und oft passt, geh selektiv vor und bluffe mit mehr Blättern, hin und wieder auch mit einem völlig wertlosen Blatt. Eine theoretische Methode zu haben ist sehr nützlich, doch die Fähigkeit, zu erkennen, wann es besser ist, von dieser abzuweichen, ist vielleicht sogar noch wichtiger.